Steht Kolats Arbeitsmarktprogramm vor dem Aus?
Aufgrund von offenbar bevorstehenden Kürzungen wird Berlins Arbeitssenatorin heftig kritisiert
Wenn heute der Haushaltsentwurf vom rot-schwarzen Senat beschlossen wird, dürften auch die offensichtlich geplanten Kürzungen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik von Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD) im Blickpunkt stehen. Offiziell wollte sich die Senatsverwaltung für Arbeit gestern zwar nicht zu den Kürzungen äußern. »Vor dem Beschluss des Haushalts, kommentieren wir das nicht«, erklärte ein Sprecher Kolats gegenüber »nd«. Doch in der Diskussion ist die Rede von Kürzungen in Höhe von insgesamt 25 Millionen Euro beim Programm BerlinArbeit.
Sollten sich die finanziellen Streichungen in dieser Höhe bewahrheiten, komme das einer »Katastrophe« gleich, meint die arbeitsmarktpolitische Expertin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Elke Breitenbach. »Dann kann der Senat BerlinArbeit gleich einstellen, weil es nach den Kürzungen lediglich noch Ein-Euro-Jobs gibt«, sagt Breitenbach. Die Abgeordnete fragt sich darüber hinaus, was aus den Beschäftigungsprojekten wie den Fahrgastbegleitern beim VBB und den Stadtteilmüttern wird, die sich um die Integration vor Ort kümmern? Im rot-schwarzen Koalitionsvertrag wird der Erhalt dieser Projekte noch in Aussicht gestellt, möglicherweise stehen sie jetzt aber ebenfalls zur Disposition.
Auch die anderen Oppositionsfraktionen kritisieren die Kürzungen in Kolats Ressort. »Bis heute gleicht die Arbeitsmarktpolitik des Senats einer Geisterfahrt«, sagt die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen, Sabine Bangert, die das Programm BerlinArbeit als gefloppt einschätzt. Die Piraten sehen bei Kolat lediglich »Lethargie« und »Ideenlosigkeit«. »Insbesondere jetzt, da sich durch neuerliche Kürzungen von 25 Millionen Euro in ihrem Ressort die Lage verschlechtern dürfe, muss sie endlich aufwachen«, sagt der Pirat Alexander Spies.
Großen Unmut erzeugen die Probleme in der Arbeitsmarktpolitik in Berlin jedoch nicht nur bei der Opposition, sondern auch bei den Gewerkschaften. Die sollten - so das ursprüngliche Ziel von BerlinArbeit - mitmachen, damit es gelingt, mehr sozialversicherungspflichtige Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt in Berlin zu schaffen. Das ist zwar in geringem Maße gelungen. »Mit fast zwölf Prozent Erwerbslosen ist Berlin immer noch Spitzenreiter unter den deutschen Bundesländern«, moniert die Landesbezirksleiterin von ver.di, Susanne Stumpenhusen. Angesichts dessen halte sie es »für ausgesprochen kurzsichtig, bereits jetzt finanzielle Einschnitte bei den Mitteln für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vorzunehmen«.
Statt in der Arbeitsmarktpolitik den »Rotstift anzusetzen« forderte ver.di gestern erneut, die fehlenden Mittel aus dem Länderfinanzausgleich zumindest teilweise auch durch eine kluge Einnahmepolitik zu kompensieren. Beispielsweise indem Fehlstellen im Finanzamt besetzt würden, wo dem Land jährlich Steuereinnahmen in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrages entgehen würden.
Für Berlins Arbeitssenatorin Dilek Kolat kommt die Kürzungsdiskussion unterdessen zur Unzeit: Am kommenden Donnerstag wollte sie eigentlich nach einem Jahr die Erfolge von BerlinArbeit der Öffentlichkeit präsentieren. Von Erfolg kann angesichts der bevorstehenden Kürzungen indes kaum noch die Rede sein.
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