Die Aalbestände gehen dramatisch zurück
UN-Tag der biologischen Vielfalt: Bundesländer leisten Geburtshilfe für eine bedrohte Fischart
Jeden Frühling beschäftigt die Angler eine Frage: Läuft der Aal schon? Die Sportfischer wollen wissen, ob die Tiere bereits aktiv genug sind, damit sich das Ansitzen auf den schlangenförmigen Fisch wieder lohnt. Ein anderes Problem ist weitaus größer: Die Aal-Bestände gehen dramatisch zurück, zu wenig Nachwuchs kehrt aus dem Meer in die Flüsse zurück. Eine traurige Tatsache, dem der heutige Tag der biologischen Vielfalt gewidmet ist, mit dem die UNO darauf hinweist, dass täglich etwa 150 Tier- und Pflanzenarten aussterben. In diesem Jahr geht es um das Thema »Wasser und Biodiversität«.
Auf Geheiß der EU stützen die Bundesländer seit Jahren die natürliche Aalpopulation massiv mit Zuchtbesatz. Die jüngsten Zahlen stammen von 2007. Damals setzten Helfer bundesweit etwa 13,5 Millionen junge Aale in die Flusssysteme Eider, Elbe, Ems, Maas, Oder, Rhein, Schlei/Trave, Warnow/Peene und Weser. Jüngere Zahlen gibt es aus Niedersachsen. Dort gelangten 2011 und 2012 insgesamt rund 2,5 Millionen Aale in Gewässer, aus denen den Fischen das instinktive Abwandern gen Küste möglich ist. Die Mühe kostete laut Agrarministerium fast 900 000 Euro. 60 Prozent werden gefördert, den Rest und die Mehrwertsteuer müssen die »Begünstigten« aufbringen: Fischereiverbände, Genossenschaften und Betriebe. Den Zuschuss teilen sich das Land Niedersachsen und der EU-Fischereifonds EFF auf. 2013 sollen die Besatzbemühungen noch einmal steigen.
Der Erfolg hängt auch vom Abenteuer Aalwanderung ab. Der Fisch steigt aus Europas Flüssen ab, schwimmt quer durch den Atlantik bis nach Florida, wo er ablaicht und stirbt. Die Larven kehren als Glasaale zur Küste zurück, steigen flussauf und wachsen, bis sie den Kreis schließen. Dass der Mensch dabei hilft, ist nicht neu. »Seit über 100 Jahren findet Aalbesatz auch in Fließgewässern in Deutschland statt, zum Beispiel in der Elbe«, sagt Markus Diekmann, Fischereirat in Niedersachsen. Zuchtnachwuchs als Unterstützung habe »eine lange Tradition«.
Der Aal steht heute trotzdem auf der Roten Liste. Ob das allein die Schuld der Menschen ist, bleibt umstritten. »Der Aal hat in der Vergangenheit bereits starke Populationsschwankungen hinter sich«, sagt Diekmann. Erholungszeiten von mehreren Jahrzehnten seien realistisch. Klar sei, dass Aale noch zahlreich abwandern. Laut Forschungsliteratur werden die Tiere am stärksten von Berufsfischern, Anglern, Wasserkraft und Kormoranen dezimiert.
»Am stärksten bedroht sind Fische, die weite Entfernungen zu ihren Laichplätzen zurücklegen müssen«, sagt Sebastian Schönauer, Wasserexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz. Dazu gehörten auch Störe, Neunaugen und Lachse. An größeren Flüssen und Nebenflüssen müsse mehr getan werden, um die früheren natürlichen Gegebenheiten wiederherzustellen. »Verantwortlich für den Rückgang der Populationen sind Bauwerke wie Wehre, Wasserkraftanlagen und Schleusen«, so Schönauer. Dazu komme der Ausbau der Flüsse für die Schifffahrt, aber auch Gewässerverschmutzungen und Überfischung.
Laut Fischereirat Diekmann soll das Glasaalaufkommen in den 1920er Jahren schon einmal sehr gering gewesen sein. Daraus aber einfach zu schließen, dass der Aal diese Dynamik schon packe, sei falsch. »Ich gehe nicht davon aus, dass der Aal ausstirbt. Er kann aber so selten werden, dass sich der gewerbliche Fang nicht mehr lohnt«, sagt er. Daher ergebe der Besatz Sinn - dem Aal zuliebe, nicht der Fischerei.
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