Bahngewerkschaften: Der K(r)ampf geht weiter
Lokführer wollen auch Zugbegleiter organisieren - EVG sieht's gelassen
Der Streit um die vor einem Monat erfolgte Amtsenthebung der beiden Vizevorsitzenden Sven Grünwoldt und Thorsten Weske habe zu »innerer Zerrissenheit« geführt, räumte der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky am Mittwoch vor der Presse ein. Doch nun werde man den Blick wieder nach vorne richten. Die zunächst kommissarisch eingesetzten Nachfolger Norbert Quitter und Lutz Schreiber wurden von den mehr als 200 Delegierten auf der Generalversammlung mit 84 bzw. 75 Prozent der Stimmen bestätigt.
Im Mittelpunkt stehen für die GDL die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn über einen »Zukunftstarifvertrag«. In diesem sollen unter anderem Festlegungen zu Kündigungsschutz, Altersteilzeit und Besitzstandswahrung bei Tätigkeitswechsel getroffen werden. Da der alte Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung bereits vor zwei Jahren ohne Nachwirkung ausgelaufen ist, befinde man sich hier derzeit in einem tariflosen Zustand, so Weselsky. Verhandlungen mit der Bahn AG seien bislang ergebnislos geblieben, und daher müsse man nun den Druck erhöhen.
Die GDL will durchsetzen, dass Arbeitsverhältnisse und Vergütung von Lokführern in vollem Umfang garantiert bleiben, wenn diese ihre Tätigkeit aus gesundheitlichen oder betriebsbedingten Gründen nicht mehr ausüben können. Nicht verhandelbar sei für die GDL das Vorhaben des Unternehmens, Arbeitsplätze in derartigen Fällen aus dem Geltungsbereich des Lokführertarifvertrages auszugliedern und bei der Konzerntochter DB JobService anzusiedeln, betonte Weselsky. Das gelte auch für die von ihm als »Landverschickung« bezeichnete Praxis, Beschäftigte bei Wegfall ihres alten Arbeitsplatzes in wohnortferne Regionen versetzen zu können.
Entsprechende Regelungen enthält der von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), die Mitglied im DGB ist, für die anderen Berufsgruppen bei der Bahn ausgehandelte »Demografietarifvertrag«. Dieser sei, so Weselsky, von »Unternehmerinteressen und gewerkschaftlicher Selbstbeschränkung« geprägt und für die GDL daher nicht akzeptabel.
EVG-Sprecher Uwe Reitz wollte die Aussagen auf nd-Nachfrage nicht kommentieren. Man sei mit dem ausgehandelten Tarifvertrag »sehr zufrieden«, und natürlich stehe es der GDL frei, einen aus ihrer Sicht besseren aushandeln zu wollen.
Ein weiterer Tarifkonflikt bei der Bahn wirft seine Schatten voraus. Ende Juni 2014 läuft der sogenannte Grundlagenvertrag aus, in dem der GDL nach erbitterten Streiks im Frühjahr 2008 zwar die alleinige tarifliche Vertretung der Lokführer zugestanden wurde, aber nicht - wie ursprünglich gefordert - auch die der Zugbegleiter. Weselsky kündigte an, dass man die Mitgliederwerbung unter Zugbegleitern weiter intensivieren werde. Er sei guten Mutes, dass es gelingen werde, auch für diese Berufsgruppe, die bislang ausschließlich von der EVG tariflich vertreten wird, »bessere Tarifverträge durchzusetzen«. Entscheidend dafür sei der bis dahin erreichte Organisationsgrad.
Auch das sieht die EVG gelassen. Man werde das Auslaufen des Grundlagenvertrages dazu nutzen, den eigenen Anspruch auf die Vertretung aller Bahnbeschäftigten, also auch der Lokführer, umzusetzen, so Reitz.
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