Rezension: Einblick
Man hört ihnen gern zu, den Ärzten. Am liebsten, wenn sie in Magazinen weise Ratschläge geben. Das klingt so schön nach Sicherheit und Vertrauen. Ja, da weiß endlich jemand, was er tut!
Dr. Marco Moor weiß es dagegen nicht immer. Das ist nicht mal sein richtiger Name. Dafür ist er als Arzt umso echter. Nur nebenbei schreibt er eine Kolumne für die Zeitschrift Neon, hauptsächlich ist er Internist in »einem der größten Krankenhäuser des Landes«. Seine Kurzgeschichten sind im Buch »Lesen Sie mich durch, ich bin Arzt!« gesammelt. Moor filtert darin dem Klinikalltag das Prosaische ab, wie es die alte Kaffeemaschine im Schwesternzimmer nicht besser könnte.
Endlich richtet mal ein Arzt seinen Blick nicht diagnosegierig auf sein potenziell pathologisches Gegenüber, sondern auf die eigene Gilde. Wie geht es ihm eigentlich beim Anblick entblößter Patienten? Welches Verhältnis hat er zu Bakterien? Fällt es ihm schwer, die Anatomie seines Liebesobjekts nicht nach deren Eignung für eine Lumbalpunktion zu bewerten?
Geschützt vom Mantel des Decknamens verwandelt Dr. Moor das sterile Krankenhaus in etwas Intimes. Götter in weiß werden zu Menschen mit Gummilatschen. Das befriedigt nicht nur die eigene Neugier. Es ist auch noch ungemein gut erzählt. Und macht doppelt Spaß, weil man beim Lesen Hinweise sammeln kann: Welche Klinik in welcher Stadt ist denn nun Dr. Moors Arbeitgeber?
Dr. Marco Moor: Lesen Sie mich durch! Echte Geschichten aus dem Krankenhaus, Heyne Verlag, 224 Seiten, 9,99 €.
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