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Ein Feuerdrache wie ich und du

Geschichten für Kinder und Tipps für die Eltern

  • Martin Hatzius
  • Lesedauer: 3 Min.

Kinder sind Energieräuber und Nervensägen. Jeder, der es tagtäglich mit ihnen zu tun bekommt, weiß das. Wenn du eilig zur Arbeit musst, verstecken sie ihre Straßenschuhe oder verkriechen sich unterm Bett. Wenn du ihnen liebevoll gedünstetes Bio-Gemüse servierst, spucken sie es dir um die Ohren und stechen mit der Gabel nach deiner Nase. Und in der Kaufhalle wälzen sie sich vor aller Augen schreiend im Dreck, sofern du sie nicht auf der Stelle mit zuckersüßen, knallbunt verpackten Aromastoffen ruhigstellst. Da kann einer Mutter schon mal ein böses Wort rausrutschen und einem Vater die flache Hand. Oder umgekehrt.

Damit es so weit gar nicht erst kommt, hat die Erziehungswissenschaftlerin und Mutter Petra Kummermehr einen Haufen »Trostpflaster-Geschichten zum Vorlesen« geschrieben, die zweierlei bezeugen: Diese Autorin kennt die sichtbaren und unsichtbaren Sorgen der lieben Kleinen genauso gut wie die leidigen Probleme der Eltern - aus eigenem Erleben. Und: Sie glaubt fest daran, dass Zuhören, Einlassen, Ernstnehmen und Liebhaben die allerbeste Therapie gegen solcherlei Kummer sind. Dazu ein paar Tropfen Spaß und eine kleine Dosis Fantasie (garantiert ohne Nebenwirkungen) - und schon legen die Monsterlein ihre garstigen Masken ab, wischen sich die Tränen aus dem Gesicht und geben sich wieder zu erkennen als die Engel, die sie in Wirklichkeit sind.

Die kurzen Erzählungen, die Petra Kummermehr sich ausgedacht und zu denen Outi Kaden ein paar niedliche Bilder gemalt hat, dürften Kindern im Vorschulalter gefallen. Denn sie handeln von Konflikten, die die Großen allzu oft überhaupt nicht zur Kenntnis nehmen, mit denen kleine Mädchen und Jungen aber immerzu kämpfen müssen. Zum Beispiel von besten Freundinnen, die ihnen von einem Moment zum nächsten die Treue aufkündigen. Von Gleichaltrigen, die alles besser können als man selbst. Von Geschwistern, die von den Eltern viel lieber gehabt werden. Vom blöden Fieber, das heimtückisch aufsteigt, um den Zirkusbesuch platzen zu lassen. Von den Bestien der Dunkelheit, die jedes Mal durchs Kinderzimmer jaulen, sobald abends das Licht ausgeknipst wird. Und so weiter.

Das Tolle an fantastischen Geschichten, in denen gute Feen, magische Steine und golden funkelnde Zettel vorkommen, ist, dass Kinder ihnen glauben. Vernünftigen Argumenten und der Realität glauben sie nicht. Was Kinder kaum merken, den Eltern aber in kleinen Ratgeber-Texten erläutert wird, die den einzelnen Erzählungen folgen: Hinter jedem Zauber versteckt sich ein pädagogischer Gedanke. Mögliche Lösungen tatsächlicher Probleme nehmen in Petra Kummermehrs Geschichten also den Hintereingang der Fantasie, spielerisch und leise.

Luisa zum Beispiel, Heldin einer Geschichte, ist todtraurig, weil Emilia nicht mehr mit ihr spielen mag. Unmöglich, dass irgendjemand ihre Verzweiflung verstehen kann. Aber dann kriecht der Feuerdrache Drago unter Luisas Bett hervor, dem just heute genau dasselbe mit seinem besten Freund Tjark passiert ist. Und plötzlich ist Luisa diejenige, die den traurigen Drachen trösten will: »Tjark hat das bestimmt nicht so gemeint. Du wirst sehen, bald ist er wieder dein Freund.« - Im Elterntipp erklärt die Autorin, dass Handpuppen helfen können, dem Kind ein wenig Abstand zu seinen eigenen Sorgen zu verschaffen. Weil sie mit imaginären Freunden oft lieber und offener sprechen als mit den Eltern, schafft es so eine Puppe auch eher, zum Kern des Problems vorzudringen. Und es zu lösen.

Petra Kummermehr: Von Mutsteinen, Trostdrachen und Wutkissen.
Bilder v. Outi Kaden. Kerle im Verlag Herder. 93 S., geb., 9,95 €

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