»Nach den Steinen tastend den Fluss überqueren«

Deng Xiaopings Ratschlag gilt auch heute noch in Chinas Machtzentrale

  • Werner Birnstiel, Peking
  • Lesedauer: 3 Min.
China hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, es ist Exportweltmeister und wird 2012 zur größten Handelsnation aufsteigen. Es hat sich als politische Großmacht und als Weltraumnation etabliert. Zugleich ist der Handlungs- und Zeitdruck für die Bewältigung enormer Herausforderungen gewachsen. Wie sieht man das nahe der »Zentrale der Macht«?

Auf dem Weg zum »Sozialismus chinesischer Prägung«, der auf der »sozialistischen Marktwirtschaft« beruht, müsse man »nach den Steinen tastend den Fluss überqueren«, riet einst Reformvater Deng Xiaoping. Dabei die gesellschaftliche Stabilität zu wahren, hat sich seit dem 17. Parteitag der KP Chinas 2007 als eine zentrale Aufgabe der Parteipolitik erwiesen. Nach acht Jahren Diskussion, Tests in Städten und Regionen, Überarbeitung und Anpassung beschloss der Staatsrat Chinas am 17. Oktober Maßnahmen zur Durchsetzung größerer sozialer Gerechtigkeit. Im Kern geht es darum, wie die Einkommen der Geringverdiener erhöht und die »Kontrolle der Reichtumsentwicklung verstärkt« werden können.

In der Internationalen Abteilung des ZK der Partei in Peking sieht man die größte Schwierigkeit in diesem Zusammenhang darin, die »Gruppe der Reichen« in ihrem Streben nach noch mehr Besitz zu beschränken. Unter »scharfer Beobachtung der Gesellschaft« stehe, wie luxuriös sie leben, neue Luxusprodukte erwerben und ins Ausland fahren, um wiederum Luxuswaren zu kaufen. Für die Partei sei es daher dringlich, die Lebenslage der 122 Millionen Menschen zu verbessern, die noch unter der amtlichen Armutsgrenze von 2300 Yuan (295 Euro) Jahreseinkommen leben. Deshalb wurden Steuern und Gebühren für Arme und Einkommensschwache erlassen und für Reiche erhöht. Begonnen habe man, öffentliche Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, medizinische Betreuung und Bildung für Kinder armer Familien zu verbessern. Nachdem 2006 die Agrarsteuern abgeschafft worden waren (erstmals in deren über 2600-jähriger Geschichte), sei ab 2008 die soziale Absicherung der 650 Millionen Landbewohner in den Mittelpunkt gerückt worden. Vor allem gehe es um die Gewährung von Mindestrenten und einer Krankenversicherung. Bis Ende 2012 werde der landesweite Aufbau eines »grundlegenden Sozialsystems« abgeschlossen. Zwar sei dessen Niveau in den Provinzen und Städten unterschiedlich, doch sei es für die Nutznießer - einschließlich der Mehrheit der 230 Millionen Wanderarbeiter - spürbar. Über 36 Millionen neue Sozialwohnungen sollen bis 2015 in den Provinzen »in ansprechender Qualität« gebaut werden. Das werde durch die Behörden »streng kontrolliert«. Ebenso ob Größe und Einkommenslage eine Familie berechtigen, eine Sozialwohnung zu beziehen.

Solche Entscheidungen seien oft kompliziert, es lasse sich bestimmen, wer eigentlich zur sogenannten Mittelschicht gehört. Viele Leute vor allem in den großen Städten verdienen im Vergleich zu Hunderten Millionen auf dem Lande ausgesprochen gut. Die Lebenshaltungskosten und die für die Alterssicherung seien jedoch so hoch, dass ihr Lebensniveau niedrig bleibt. Vor allem ältere Leute müssen daher die Hilfe der Familie und sozialer Netzwerke in Anspruch nehmen.

Insgesamt habe sich die KPCh seit 2007 als führende Kraft profilieren können, versichern unsere Gesprächspartner - trotz der Skandale um Bo Xilai und andere. Es sei gelungen, Politik, Wirtschaftsentwicklung, Soziales und Kulturelles enger miteinander zu verknüpfen, die innerparteiliche Demokratie zu stärken und beim rechtsstaatlichen Aufbau spürbare Fortschritte durchzusetzen. China sei schon immer ein Staat mit starker Zentralmacht gewesen, diesen Weg werde man auch weiter gehen. Das westliche Parteiensystem jedenfalls habe in China keine Zukunft.

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