Mit Bismarcks Hilfe
Genauso plump wie die „Welt" argumentiert der CDU-Europapolitiker Gunther Krichbaum, der sich im Deutschlandfunk darüber aufregte, dass Riexinger durch seine Teilnahme die Proteste anheize. Wenn Krichbaum sich die seit Monaten anhaltenden Proteste in Griechenland auch nur einmal angesehen hätte, wüsste er, dass es da nichts mehr anzuheizen gibt – den Druck im Kessel haben schon die Gläubiger Griechenlands und die Sparkommissare ganz weit nach oben getrieben. Assistiert wird er von den „Stuttgarter Nachrichten", die sich dem aus ihrem Einzugsgebiet stammenden Riexinger widmen. In einem Kommentar graben sie Klassenkampfrhetorik aus den Zeiten von Bismarck, Kaiser Wilhelm und Sozialistengesetz aus: Riexinger erweise sich als „vaterlandsloser Geselle" und sei sich nicht zu schade, Vorurteile und Ressentiments gegen die deutschen Sparforderungen zu schüren. Offenbar gilt im Südwesten das Bismarck-Vokabular immer noch als salonfähig; unter Bismarck wurde die Sozialdemokratie gleich ganz verboten.
Gunther Krichbaum empörte sich auch noch darüber, dass Riexinger in Griechenland schamlos deutsche Innenpolitik, also Wahlkampf betreibe. So denken erstens Leute, sie selbst alles nur unter dem parteitaktischen Nützlichkeitsaspekt betrachten. Und zweitens könnte Krichbaum mal ins Archiv gehen oder googeln: Vor neuen Jahren hat Angela Merkel, damals Oppositionsführerin im Bundestag, selbst einen Bundeskanzler – nun ja – düpiert. Sie schrieb damals nach der Ablehnung Gerhard Schröders gegenüber Präsident Bush, deutsche Truppen in den Irak-Krieg zu schicken, in der „Washington Post": „Schröder spricht nicht für alle Deutschen." Na schön. Und wenn Krichbaum einmal beim Googeln ist: Er kann ja mal nachsehen, ob er selbst damals Merkel vorgeworfen hat, dass Merkel im Ausland Innenpolitik betreibt.
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