In der Sackgasse
Thüringens Fahrlehrer haben viel Konkurrenz und zu wenige Schüler
Erfurt (dpa/nd). Viele Fahrschulen in Thüringen kämpfen nach Angaben des Fahrschullehrverbandes ums Überleben. »Wir sind in einer Strukturkrise«, sagte Landesvorsitzender Gerd-Rüdiger Brandes in einem dpa-Gespräch. Die Zahl der Fahrschüler sei seit etwa drei Jahren - gerade in den Städten - um bis zu 60 Prozent zurück gegangen. »Bis zu 15 Prozent der Fahrbetriebe mussten in den vergangenen zehn Jahren schließen.« Aktuell gebe es im Freistaat noch 652 Anbieter.
Die Gründe für die Entwicklung seien vielfältig. Brandes nannte die geburtenschwachen Jahrgänge der 90er Jahre, den Konkurrenzdruck der Schulen untereinander und hohe Fahrschulpreise.
Junge Menschen würden heute in den Städten - bei gut ausgebautem Nahverkehr wie in Erfurt oder Jena - kaum ein Auto brauchen, sagte Brandes. »Die größten Rückgänge haben wir in den Zweiradklassen beobachtet, aber auch die Pkw-Ausbildung hat stark abgenommen.« Etwa 80 Prozent der Fahrschüler wollen einen Führerschein fürs Auto.
Nachdem der Run auf den Führerschein mit 17 Jahren vorbei war, habe sich die Situation für die Fahrschullehrer sogar noch verschlimmert, sagte Brandes. »Es gab ja gleich zwei Jahrgänge, die auf einmal den Führerschein machten.« Die 17-Jährigen fehlten dann ein Jahr später.
Die Kosten für einen Führerschein spielten eine große Rolle bei der Wahl der Fahrschule. »Die Leute schauen nicht, wo sie die beste Ausbildung erhalten, sondern wo der billigste Anbieter ist.« Dabei unterscheide sich jede Fahrschule, wie sie den Bewerbern Wissen vermittle.
»Nicht jeder Jugendliche kann sich zudem einen Führerschein für 1500 Euro leisten«, sagte Brandes, der 1994 seine Firma in Suhl gründete. »Viele nehmen deshalb erst mit Anfang 20 Fahrstunden.« Doch wenn ein Fahrlehrer einen Führerschein für nur 900 Euro anbiete, habe er selbst nur einen Stundenlohn von etwa acht Euro, erklärte Brandes. Wolle der Lehrer 12 Euro verdienen, müsse seine Fahrstunde mindestens 20 Euro kosten.
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