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In USA neue Infektionen und in Europa Hysterie
Baby in New York erkrankt / Viele »Trittbrettfahrer« / WHO warnt vor Panik
Nach der Entdeckung neuer Fälle von Milzbrand-Infektionen wächst in den USA die Angst. In Europa wurden bisher nur Aktionen von »Trittbrettfahrern« bekannt.
Berlin (dpa/Reuters/ddp/ND). In den USA erkrankten bis Dienstag vier Menschen nachweislich an Milzbrand, einer davon starb. Präsident George W. Bush äußerte den Verdacht, dass es einen Zusammenhang zwischen den in Briefen verschickten Milzbrand-Erregern und den Terroranschlägen vom 11. September geben könnte: »Wir haben keine klaren Hinweise, aber wir wissen, dass Osama bin Laden ein übler Mensch ist.« In New York wurde ein sieben Monate altes Baby, Sohn einer Mitarbeiterin des Fernsehsenders ABC, mit dem gefährlichen Milzbrand-Erreger Anthrax infiziert. Der Junge war mit seiner Mutter in der Redaktion gewesen. Auch bei einem Kollegen des Mannes, der in Florida vor eineinhalb Wochen an Anthrax starb, bestätigte sich der Verdacht einer Ansteckung. Der ehemalige UNO-Waffeninspekteur in Irak, Richard Butler, schloss in einem Interview nicht aus, dass Irak mit den »Milzbrand-Briefen« zu tun haben könnte. Eine Terrorgruppe könne die tödlichen Bakterien kaum selbst herstellen, sagte Butler. Für das Anthrax-Programm der Iraker gebe es dagegen Beweise. Die Vorgänge in den USA rufen in Europa, so auch in Deutschland, weiterhin zahlreiche »Trittbrettfahrer« auf den Plan. Behörden, Firmen und Einzelpersonen erhielten auch hier Briefe oder Päckchen mit weißem Pulver, das Alarmstimmung auslöste, sich aber bisher in allen Fällen als harmlos herausstellte. Entwarnung gab es am Dienstag auch in Berlin. Ein an das Kanzleramt gerichteter Brief enthielt nach Untersuchungen des Robert-Koch-Instituts keine Milzbrand- oder sonstigen Krankheitserreger. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte vor Panik. Der Milzbrand-Erreger sei gut in den Griff zu bekommen, erklärte ein WHO-Sprecher in Genf. Der eingeatmete Erreger sei nicht übertragbar und Massenimpfungen seien nicht sinnvoll. Auch von einer Selbstmedikation mit Antibiotika riet die WHO ab. Die Bundesregierung kündigte an, Vorsorge für mögliche Anschläge mit biologischen Waffen in Deutschland zu treffen. »Wir sind derzeit dabei, alles so weit aufzurüsten, dass wir gut gerüstet sind«, sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Dienstag in Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder bekräftigte, es gebe in Deutschland keine aktuelle Gefährdung. Die neue Milzbrand-Auskunftsstelle des Robert-Koch-Instituts (RKI) wird nach Angaben einer Sprecherin stark in Anspruch genommen (Telefon 01888/7543430). Das RKI hat zusätzlich Basisinformationen zu Milzbrand ins Internet gestellt. Unterdessen sind in Deutschland Gasmasken offenbar vom Ladenhüter zum Verkaufsrenner geworden. »Die Großhändler können inzwischen gar nicht mehr nachliefern«, hieß es im Düsseldorfer »NATO-Shop« für Bundeswehrzubehör. Im britischen Liverpool werden Postmitarbeiter nach e...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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