Senioren ohne Telefon

  • Lesedauer: 2 Min.

Kein Anschluss unter dieser Nummer. Das Festnetztelefon der besetzten Seniorenfreizeitstätte in der Stillen Straße 10 in Pankow ist seit Dienstagmorgen nicht mehr erreichbar. »Der Störungsdienst hat uns auf Nachfrage mitgeteilt, dass unser Telefon abgemeldet wurde und die Nummer nicht mehr existiert«, erklärt Margret Pollack, eine der Besetzerinnen. Sie befürchtet, dass dies nur die erste von weiteren Schikanen seitens des Bezirksamts sein wird. »Die wollen uns hier rausdrängen. Als nächstes stellen die uns noch Strom und Wasser ab«, mutmaßt die Ruheständlerin.

Der am Montag aus dem Urlaub zurückgekehrte Bezirksbürgermeister Matthias Köhne (SPD) war am Dienstag für eine Stellungnahme nicht erreichbar. »Das Verhalten des Bürgermeisters ist unmöglich. Wenn der Bezirk wirklich auf Verhandlungen setzt, muss er auch den Dialog suchen. Einfach das Telefon abzuschalten, ist das völlig falsche Signal«, erklärt ein Unterstützer der Besetzung im Haus.

Bezirksbürgermeister Köhne hat sich bislang noch nicht öffentlich zu dem Konflikt um die Seniorenfreizeitstätte geäußert. Die Besetzer hatten sich von dem Politiker eine Stellungnahme zu den vom Bezirk geschätzten Sanierungskosten erhofft. Der Bezirk begründet den geplanten Verkauf der landeseigenen Villa mit zu hohen Instandsetzungsaufwendungen. Jedoch hatte am vergangenen Wochenende ein unabhängiger Architekt die notwendigen Kosten deutlich geringer als der Bezirk eingeschätzt. Die zuständige Bezirksstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) hält weiterhin an der Grobkostenschätzung des Bezirks fest. »Ein Architekt kann mir ja viel erzählen. Ich lasse mir jedenfalls nicht mangelnden politischen Willen vorwerfen«, erklärte die Bezirkspolitikerin.

Die Besetzer geben sich trotz der Telefonabschaltung weiterhin kämpferisch. Für die nächsten Tage ist eine Vollversammlung mit Unterstützern und anderen von Schließung bedrohten Einrichtungen geplant. Die Begegnungsstätte wird seit dem 29. Juni aus Protest gegen die drohende Schließung von ihren Nutzern besetzt gehalten.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal