Weniger Arbeitslose - dafür mehr Sperren

Untersuchung der Universität Duisburg-Essen belegt die merkwürdige Zunahme der Strafen 2012

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 3 Min.
Obwohl die Arbeitslosenzahlen seit Monaten rückläufig sind, nimmt die Zahl von verhängten Sperrzeiten zu. Die Bundesagentur für Arbeit hält dies für normal.

Das Arbeitslosengeld I ist eine Versicherungsleistung. Sie erhält, wer arbeitslos wird und zuvor innerhalb von zwei Jahren mindestens 12 Monate eingezahlt hat. Das klingt nach Sicherheit. Doch im Ernstfall müssen alljährlich Hunderttausende feststellen, dass die Regelungen einige Fallstricke enthalten. So muss manch einer viele Wochen lang auf sein Geld verzichten. Der Grund sind sogenannte Sperrzeiten, die gegen die Arbeitssuchenden verhängt werden. Für die Dauer dieser Sperre erhalten die Betroffenen kein Arbeitslosengeld. Wer etwa eine Arbeit ablehnt oder einen Termin versäumt, wird mit einer solchen Sperre belegt. Im schlimmsten Fall kann das bis zu zwölf Wochen dauern.

Eine aktuelle Untersuchung des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen zeigt nun, dass die Arbeitsagenturen von diesen Sperren wieder häufiger Gebrauch machen. Während im Jahr 2004 etwas mehr als 368 000 Sperrzeiten verhängt wurden, waren es 2011 über 728 000. Zwar lag diese Zahl im Krisenjahr 2009 mit rund 843 000 Sperren etwas höher - doch entgegen dem positiven Trend auf dem Arbeitsmarkt konstatiert das IAQ im laufenden Jahr eine Zunahme an Strafen. Nach Auswertung der entsprechenden Zahlen von Januar bis Juni 2012 mussten die Forscher feststellen, dass die Anzahl der verhängten Sperrzeiten »über dem Vorjahresniveau liegt«. Zwar ist es durchaus möglich, dass ein Arbeitsloser pro Jahr gleich mehrmals von einer solchen Maßnahme betroffen ist, doch die IAQ-Forscher sehen hier einen bedenklichen Trend: Offenbar ist die Verhängung einer Sanktion gegen neu hinzugekommene Arbeitslose mittlerweile eher die Regel als die Ausnahme.

Rechnet man die Zahl der neuen ALG-I-Empfänger auf die Zahl der verhängten Sperren, wird die Entwicklung deutlich. So betrug die Sperrzeitquote im Jahr 2004 etwa 9,1 Prozent. Ihren bisherigen Höchststand erreichte sie 2011 mit 28,8 Prozent. Das heißt: Fast jeder dritte Neuzugang muss erst einmal auf Geld verzichten. Immerhin 23 Prozent der Sperren beliefen sich auf einen Zeitraum von zwölf Wochen, weil die Betroffenen ihre Arbeit »ohne wichtigen Grund« aufgegeben hatten.

Für das IAQ ist die Sache klar. Schuld an der massiven Ausweitung der Sperren ist die Verschärfung der betreffenden Regelungen im Sozialgesetzbuch III. So liege seit 2003 »die Darlegungs- und Beweislast für die Beurteilung eines wichtigen Grundes, der eine Sperrzeit abwenden kann, nicht mehr bei der Arbeitsagentur sondern beim Arbeitslosen«. Hinzu kommen die in den Jahren 2005 und 2006 neu aufgenommen Sperrtatbestände wie »unzureichende Eigenbemühungen« oder eben »verspätete Arbeitsuchendmeldung«.

Bei der Bundesagentur für Arbeit findet man den Trend nicht verwunderlich. Menschen würden bei guter Arbeitsmarktlage »eher dazu tendieren, Ihre Arbeit ohne wichtigen Grund zu kündigen«, so eine Sprecherin gegenüber nd. Dies führe dann zu dem konstatierten Anstieg der Sperrzeiten wegen Arbeitsaufgabe. Außerdem würden sich die Betroffenen bei brummender Konjunktur auch anderweitig nicht regelkonform verhalten, weil sie wegen der guten Arbeitsmarktlage sicher seien, schnell wieder eine Arbeit zu finden.

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