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Das Öl verlassen, bevor es uns verlässt

  • Bärbel Höhn
  • Lesedauer: 4 Min.

Immer wenn die Reisezeit naht, erhöhen die Mineralölkonzerne die Spritpreise. Und immer wenn Wahlen anstehen, machen Politiker Versprechungen. So wie die Bundesregierung, die den Autofahrerinnen und Autofahrern jetzt kurz vor der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine Entlastung bei den Benzinpreisen in Aussicht stellt. Eine neue Behörde, Markttransparenzstelle genannt, soll Preisinformationen von allen Tankstellen und Raffinerien sammeln. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass mehr Transparenz die Ölkonzerne vor allzu dreister Abzocke ihrer Kunden abschreckt und das Aufdecken rechtswidriger Preisabsprachen erleichtert.

Wie wichtig es ist, den Ölmultis bei der Preisbildung an Raffinerien und Tankstellen genauer auf die Finger zu schauen, zeigt ein Gutachten, das letzten Monat im Auftrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen vorgestellt wurde. Das Ergebnis: Von 11,3 Cent Benzinpreissteigerungen zwischen November 2011 und März 2012 ließen sich nur 6,6 Cent durch höhere Erdölpreise erklären. 4,7 Cent dienten allein der Gewinnsteigerung der Mineralölkonzerne, die so monatlich 100 Millionen Euro zusätzlich an den Tankstellen abkassierten. Der steigende Ölpreis wurde von der Mineralölwirtschaft als Vorwand genutzt, beim Benzin noch einmal extra zuzulangen.

Um solche Tricksereien besser durchschauen zu können, ist mehr Markttransparenz sicherlich sinnvoll. Allerdings sind Vorschläge für mehr Transparenz und Wettbewerb auf den Energiemärkten schon häufig im Sand verlaufen. Ob die Bundesregierung ihren wahlwirksamen Ankündigungen einer Markttransparenzstelle auch Taten folgen lässt, wenn die NRW-Wahl vorüber und die akute Benzinpreiswut der Bürger verraucht ist, bleibt erst einmal abzuwarten.

Eins ist aber heute schon klar: Im Geldbeutel der Verbraucherinnen und Verbraucher wird sich der Vorstoß der Bundesregierung kaum bemerkbar machen. Denn mittel- und langfristig werden die Preise für Öl und Benzin kräftig weiter steigen.

Erdöl ist ein knapper Rohstoff, dessen Fördermenge schon heute kaum noch gesteigert werden kann. Und während immer mehr Chinesen und Inder genauso Auto fahren und reisen wollen wie wir, gehen die bestehenden Erdöllagerstätten zur Neige. Um neue Quellen zu erschließen, müssen die Ölgesellschaften immer riskantere Bohrungen in immer größeren Tiefen wagen. Das gefährdet nicht nur die Umwelt, wie die schwere Ölkatastrophe im Golf von Mexiko gezeigt hat. Es macht das Öl auch teurer. Dagegen ist mit Transparenz und Wettbewerb nichts auszurichten. Es hilft nur eine konsequente Politik »weg vom Öl«. Wir müssen das Öl verlassen, bevor es uns verlässt. Das ist auch eine soziale Frage, damit bei den absehbar steigenden Ölpreisen Mobilität nicht zu einem Luxus für Wenige wird.

Das wirksamste Mittel gegen steigende Benzinpreise ist ein geringerer Spritverbrauch. Der Weg dahin sind sparsamere Autos, mehr Elektro- und Gasfahrzeuge und ein verbessertes Angebot von Bussen und Bahnen. Doch dafür tut die Bundesregierung wenig. Im Gegenteil: Wenn es um sparsamere Autos geht, steht Schwarz-Gelb auf der Bremse.

In den letzten Jahren ist der Durchschnittsverbrauch neu zugelassener Pkw nur im Schneckentempo gesunken. 2011 betrug er immer noch 6,3 teure Liter Benzin auf 100 Kilometer. Strengere Vorgaben für den Spritverbrauch hat Kanzlerin Angela Merkel durch ein Veto in Brüssel verhindert. In Kürze droht der nächste Konflikt, wenn in der EU die Pkw-Standards für 2020 festgelegt werden. Die EU möchte den Verbrauch von Neuwagen auf vier Liter begrenzen. Umweltverbände und Grüne plädieren sogar für rund drei Liter. Die Autolobby und ihre Kanzlerin dürften sich dagegen wieder für eine Verwässerung der Grenzwerte einsetzen. Dabei sollte es gerade auch im wohlverstandenen Interesse der deutschen Autoindustrie sein, Vorreiter bei spritsparenden Modellen zu werden. Sonst droht sie, wie schon bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen, auf den Märkten der Zukunft abgehängt zu werden.

Stattdessen werden in Deutschland sprithungrige Limousinen jährlich mit Steuermilliarden gefördert. Über das sogenannte Dienstwagenprivileg müssen alle Steuerzahler das Statusbedürfnis der Dienstwagenfahrer mitfinanzieren. Bei manchen Modellen von Mercedes, BMW und Co. werden 80 bis 90 Prozent aller verkauften Fahrzeuge auf diese Weise subventioniert. Das ist weder sozial, noch ökologisch, noch wirtschaftlich vernünftig.

In Zeiten knappen Öls und steigender Benzinpreise braucht es eine klügere Politik.

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