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Nebelkerzen im U-Ausschuss

Saar-Regierungschefin bestreitet Täuschung

  • Jörg Fischer, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Debatte um das Saarland-Museum wird zum Zahlen-Dickicht. Wann wurden welche Kosten geschätzt? Der Saar-Regierung wird Trickserei vorgeworfen. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer von der CDU musste am späten Dienstag vor einem Untersuchungsausschuss aussagen. Sie wies die Vorwürfe zurück.

Saarbrücken. Knapp zwei Wochen vor der Neuwahl im Saarland hat Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ihr Verhalten bei der umstrittenen Erweiterung des Saarland-Museums verteidigt. Vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags in Saarbrücken wies sie am Dienstag den Vorwurf zurück, in ihrer Zeit als Kulturministerin (2007 bis 2009) vor der Landtagswahl 2009 die Kostensteigerungen bei dem Prestigeprojekt verschleiert zu haben.

Der Ausbau des Museums sorgt bereits seit langer Zeit für Schlagzeilen im Saarland. Immer wieder werden die Kosten für das Projekt unter die Lupe genommen, die von anfangs geplanten neun Millionen Euro auf inzwischen geschätzte mindestens 30 Millionen Euro explodiert sind.

Seltsame Streichung

Kramp-Karrenbauer erklärte während ihrer gut zweistündigen Aussage, sie habe zu keiner Zeit Kenntnis von angeblichen Anweisungen gehabt, »Kosten herauszunehmen« und auch nie eine solche Anweisung gegeben. Sie rechtfertigte auch eine Pressemitteilung vom 23. Juli 2009 zur Ankündigung des ersten Spatenstiches für einen vierten Pavillon.

Damals hatte sie »faktische Baukosten und Baunebenkosten« von 14,5 Millionen Euro genannt. Weitere Kostenfaktoren - etwa für die Renovierung der bisherigen drei Pavillons - habe sie »benannt, aber nicht mit Zahlen unterlegt«. Die Angaben über geschätzte Gesamtkosten von 20,1 Millionen Euro habe sie aus dem Entwurf der Pressemitteilung gestrichen, weil diese nicht vollständig belegbar gewesen seien. SPD, LINKE, Grüne und FDP sahen es am Dienstag nach der gut zehnstündigen Sitzung als erwiesen an, dass Kramp-Karrenbauer die Öffentlichkeit bewusst getäuscht habe. Sie erhoben aber keine Forderungen nach einem Rücktritt. Das mache so kurz vor der Wahl keinen Sinn. »Jetzt haben die Wähler die Chance, den Verantwortlichen in diesem Land die Rote Karte zu zeigen«, sagte SPD-Generalsekretär Reinhold Jost.

Kramp-Karrenbauer unterstrich nach ihrer Aussage, sie habe mit ihren damaligen Angaben »Diffamierung« vermeiden wollen, aber diese gerade produziert. Sie räumte erneut rückblickend ein, dass sie heute anders entscheiden würde. Jetzt erwarte sie das Votum der Wähler. Der Ausschussvorsitzende Tobias Hans (CDU) meinte, der Versuch, den U-Ausschuss »als politisches Tribunal vor der Landtagswahl zu missbrauchen, ist misslungen«.

»Ein heilloses Babylon«

Am Vormittag hatte Ex-Museums-Chef Ralph Melcher ausgesagt, die damalige CDU-Landesregierung habe nicht alle Kosten auf den Tisch gelegt, sondern lange lediglich Teilsummen genannt. Angaben über Kostenschätzungen habe die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz veröffentlicht - und zwar stets gemeinsam mit dem Kulturministerium, sagte Melcher. Es seien »niemals unabhängige, alleinige Kostenschätzungen der Stiftung« veröffentlicht worden. Dabei hätten alle Fakten »stiftungsintern auf dem Tisch« gelegen. Kulturminister Stephan Toscani berichtete über ein Zahlenwirrwarr. »Bei den Kosten gab es ein heilloses Babylon.«

Der Verwaltungsleiter der Stiftung, Jürgen Lang, sagte, auf Wunsch des früheren Kulturministers Jürgen Schreier (CDU) seien die Kosten für die Projektsteuerung sowie für den Wettbewerb (1,3 Millionen Euro) nicht in damalige Kostenaufstellungen eingerechnet worden. Diese Praxis habe er auch unter Schreiers Nachfolgerin Kramp-Karrenbauer beibehalten. Er habe aber nie mit ihr darüber gesprochen, sagte Lang.

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