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Ein Präsident, dem nichts peinlich ist

Joachim Gauck - ein Geschöpf der Medien

  • Marian Krüger
  • Lesedauer: 3 Min.
Noch überwiegen die positiven Stimmen zur Präsidentenkandidatur Joachim Gaucks - noch.

Der designierte Bundespräsident Joachim Gauck ist wie kaum ein anderer Politiker Züchtung der Medien. Das ist seine momentane Stärke und perspektivisch seine Schwäche. Gauck mögen noch so viele prunkende Gewänder umgehängt werden, der Mann ist weder Intellektueller, noch Staatsmann, noch hat er die Verdienste um die deutsche Einheit, die ihm nachgesagt werden. Der Tag, an dem ihm alle erborgte Kleidung wieder abgenommen wird, nähert sich unerbittlich, obwohl noch eine Weile Lobreden erschallen werden.

Tatsächlich wird mit Gauck das Niveau, das für das höchste Staatsamt mitzubringen ist, um einige Grade gemindert. Prägten es zuvor immerhin Persönlichkeiten, die als Bundesminister, Ministerpräsidenten, Verfassungsrichter, in internationalen Organisationen Erfahrungen sammeln konnten. Nichts dergleichen kann Gauck vorweisen, dessen staatsmännische Qualitäten hauptsächlich von der Springer AG erfunden worden sind. Aber wer einen Präsidenten der Herzen will, muss sich nicht mit der Frage quälen, ob dessen Eignung im Verhältnis zu praktischen Erfahrungen steht.

Es geht auch um andere Kriterien. Um geistiges und charakterliches Format. Und da kann Gauck eine Eigenschaft nicht abgesprochen werden, die ihn zum Liebling der Medien macht. Gauck ist kaum etwas peinlich, schon gar nicht die Lobhudeleien der Presse. Da mag sich auch sein ehemaliger Kollege Hans-Jochen Tschiche darüber aufregen, dass sich Gauck mit den Geschwistern Scholl vergleichen lässt und dabei noch nicht einmal »schamrot« wird.

Tschiche, der wie Gauck beim Neuen Forum war, konnte sich doch schon einmal ein Bild über dessen Schamgrenzen machen. Etwa im September 1990, als Bärbel Bohley die Besetzung der alten MfS-Zentrale initiierte, mit der sie und andere gegen die geplante Verbringung der Stasiakten in das Bundesarchiv nach Koblenz protestierten. Gauck beantragte damals, wie Klaus Wolfram berichtet, »mit seinem Gespür für das jeweils gesetzte Recht … den Ausschluss von Bärbel Bohley aus dem Neuen Form, fiel aber damit durch«.

Auch bei den antikommunistischen Opferverbänden ruft Gauck heftige Aversionen hervor. So empört sich Lothar Scholz von der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft darüber, dass für einen Auftritt von Gauck »bis zu 10 000 Euro verlangt« werden; er solle lieber »Privatmann bleiben, aber nicht ein moralisch-ethisches Amt besetzen.« Gaucks Preise mögen nicht ganz volkstümlich erscheinen, aber er ist von jener Volkstümlichkeit, die man mieten kann.

Von Gaucks Wirksamkeit als DDR-Oppositioneller spricht vor allem Gauck in bewegten Worten, andere sind weit weniger ergriffen. Vielleicht kommt daher sein Bedürfnis, sich retrospektiv umso militanter in Pose zu werfen: Als junger Mann hätte er »am liebsten gerne selbst eine Waffen in die Hand genommen«, um in Budapest »gegen die russischen Verbrecher zu kämpfen«. So reflektierte der ehemalige Stasiunterlagenbeauftragte seine jugendlichen Gewaltfantasien.

Seine Amtsführung wird bald auch zur Zielscheibe harscher Kritik derjenigen, die nicht den SED-Staat, sondern den BRD-Rechtsstaat vor ihm in Schutz nehmen wollen. Der frühere hessische Justizminister Horst Winterstein (SPD) konstatierte schon 1998, dass »die Gauck-Behörde in ihrem Zusammenspiel mit einigen Medien an Verfassungsgrundsätzen vorbei wirkt«. Mit diesen und anderen Vorwürfen könnte man mühelos die gesamte Ausgabe dieser Zeitung füllen.

Gauck mag als jovialer Greis Sympathiepunkte machen. Ansonsten ist Gauck Heitmann II. Doch im Unterschied zum damaligen sächsischen Justizminister, der wegen seiner Äußerungen zur deutschen Geschichte und Migrationspolitik als Bundespräsidentenkandidat bald zurücktreten musste, heben ihn nun SPD und Grüne auf den Schild. Die rechtskonservative »Junge Freiheit« jubelt in ihrer aktuellen Ausgabe »Wir sind Präsident«, während Claudia Roth und Sigmar Gabriel heute für einen Kandidaten werben, der sich als Referent des Studienzentrums Weikersheim an Treffpunkten von Konservatismus und Rechtsextremismus offenbar wohl fühlt. Man fragt sich, was mehr mieft, das rot-grüne Getue oder der Kandidat.

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