Werbung

Nur das obere Drittel kann sich das leisten

Michael Neuner macht Öffentlichkeitsarbeit für Zapf Umzüge, Berlins größtes Umzugsunternehmen

  • Lesedauer: 2 Min.

nd: Berlin zieht gerne um. Und immer häufiger müssen Menschen in Berlin umziehen. Da müsste ihr Geschäft ja brummen ...
Neuner: Ein Umzugsunternehmen lebt nicht von den Leuten, die umziehen müssen, sondern von denen, die umziehen wollen. Bis vor sechs, sieben Jahren gab es einen Mietermarkt, wo die Leute auch für kleinere Verbesserungen den Wohnort gewechselt haben. Das war eine freiwillige Geschichte. Davon lebt ein Umzugsunternehmen. Leute, die umziehen müssen, weil sie ökonomisch an die Wand gedrückt werden, machen es selber.

Sie werden weniger für Studentenumzüge als für Umzüge von ökonomisch Stabilerer angefragt?
Ja. Eigentlich möchte ich das Drittelmodell nicht benutzen, aber, es ist etwas, was das obere Drittel sich leisten kann. Das mittlere diskutiert und das untere muss den Umzug selber machen.

Wer Umzugszuschüsse bekommt, schlägt bei Ihnen nicht auf?
Hin und wieder schon. Wir schikken niemanden weg. Die klassischen Sozialamtsumzüge, bei denen das Amt gesagt hat »Du gehst jetzt los und holst dir drei Kostenvoranschläge von drei Umzugsunternehmen, und dann zahlen wir dir einen davon«, gibt es nicht mehr.

Jetzt gibt es kleine Pauschalen, von denen kein Unternehmer leben kann. Die Betroffenen mieten sich also ein Auto. Diese Klientel ist tatsächlich aus der Umzugsbranche herausgerutscht. Auch da ist die Verelendung angekommen, wenn Sie so wollen.

Apropos »herausrutschen«. Beobachten Sie in Berlin eine Bewegung von der Innenstadt in die Randgebiete?
Aus unseren Daten können wir das nicht bestätigen. Wir sind zwar mit Tausenden Umzügen im Jahr der größte Player am Ort, aber wir können das nicht darauf herunterbrechen, wer aus dem Reuterkiez Neukölln in angrenzende Gebiete wie die Gropiusstadt zieht. Uns fehlt der Zugang zu denen, die da verdrängt werden. Das ist nicht unsere Klientel.

Sie wollen, dass die Leute freiwillig umziehen. Sehen Sie die Mietentwicklung problematisch?
Vor zehn Jahren hatten wir eine Umzugsquote von 12 Prozent und einen relativ freundlichen Mietermarkt, da sind viele Leute einfach mal so umgezogen. Nach einem deutlichen Rückgang ist die Umzugsquote jetzt wieder auf zehn Prozent gestiegen, es gibt einen verstärkten Zuzug von außen. Im Kreuzberger Gräfekiez oder Bergmannkiez sind die Mieten in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Decke gegangen. Die Neumieter kommen aus München oder Stuttgart. Aber diese kontinuierliche Binnenbewegung einer mobilen Mittelschicht hat nachgelassen.

Fragen: Sonja Vogel

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.