Mit Humor gegen zahlreiche Tabus
T. Huchu, Simbabwe
Einerseits hält sich in dem südafrikanischen Land Simbabwe der immer noch despotisch regierende Robert Mugabe an der Macht, andererseits blüht in der dortigen Hauptstadt Harare zunehmend eine Gegenkultur auf, die der Zukunft nach dem Ableben des 87-jährigen Autokraten unverblümt entgegenharrt. Bestes Beispiel für diese Situation im Warteraum Simbabwes ist der Debütroman »Der Friseur von Harare« des 1982 geborenen Autors Tendai Huchu. Zwar lebt Huchu, der Bergbautechnik studierte, indes als Podologe arbeitet, heute in Edinburgh, aber sein Roman erschien in dem renommierten Verlag Weaver Press im Zentrum Harares.
Im Mittelpunkt von Huchus Geschichte stehen die Friseurin Vimbai und ihr anfänglicher Konkurrent und späterer Freund Dumi-sani. Was Leser früh ahnen, realisiert Vimbai erst spät: Dumisani ist homosexuell und nutzt die Freundschaft zu Vimbai, um seine eigentliche Neigung zu verbergen und ein Hetero-Dasein vorzugaukeln. Natürlich eskaliert dieses Doppelleben, und so steht dem wirtschaftlichen Erfolg Vimbais, die einen eigenen Salon eröffnet, das persönliche Debakel Dumisanis gegenüber, der zuletzt nach England auswandert.
Huchu nutzt diese Geschichte nicht nur, um an dem in Simbabwe tabuisierten Thema Homosexualität zu rühren - Mugabe ließ Ende der 1990er die Internationale Buchmesse Harare stürmen, als Verlage dort homoerotische Literatur präsentierten -, sondern Huchu berichtet auch von anti-oppositionellen Schlägertrupps, Parteienintrigen und dem aufgestachelten Hass während der Landreform. Das alles erzählt er salopp und leger in Form eines vergnüglichen Melodrams und nutzt elegant Humor als Deckmantel für Kritik an politischer Doktrin und gesellschaftlicher Moral. Dabei steht er übrigens nicht allein, hat doch auch die senegalesische Autorin Fatou Diome in ihrem Roman »Ketala« 2006 die tragische Praxis von Schein-Partnerschaften in ihrer westafrikanischen Heimat kritisiert.
Tendai Huchu: Der Friseur von Harare. Roman. Aus dem Englischen von Jutta Himmelreich. Peter Hammer Verlag. 301 S., geb., 19,90 €.
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