Kasachstans Präsident ist zufrieden
Nasarbajew bekommt sein Wunschparlament / OSZE: Wahlen nicht frei und fair
Knapp 81 Prozent der kasachischen Wähler haben nach vorläufigen Angaben am Sonntag die Partei Nur Otan (Licht des Vaterlands) gewählt. Die Hausmacht des Präsidenten hätte demnach zwar gegenüber dem Rekordergebnis von 88 Prozent bei den Wahlen 2007 etwa 7 Prozentpunkte verloren, beherrscht die Maschilis - das Unterhaus des Parlaments - jedoch nach wie vor.
Allerdings hat sie nun zwei Konkurrenten, denen der Sprung über die 7-Prozent-Hürde gelang. Erwartungsgemäß gehört Ak Schol (Heller Weg) mit knapp 7,5 Prozent der Stimmen dazu. Der Partei heftet das Etikett »liberal« an, in Kasachstan gilt sie als die »jüngere Schwester« der Präsidentenpartei. Ihr Chef, Asat Peruaschew, steht der kasachischen Wirtschaftskammer vor und war noch unlängst selbst Mitglied von Nur Otan.
Als dritte Kraft zieht die Kommunistische Volkspartei mit vorläufig 7,02 Prozent der Stimmen in die Maschilis ein. Auch sie - eine Abspaltung der zu den Wahlen nicht zugelassenen KP Kasachstans - steht nicht im Verdacht, die Autorität Nasarbajews ernsthaft in Frage zu stellen. Der Präsident dürfte mit dem Wahlergebnis also ausgesprochen zufrieden sein: Scheinbar gibt es künftig eine rechte und eine linke Oppositionspartei im Parlament, doch beide sind auf »konstruktive Zusammenarbeit« eingeschworen.
Die Wähler hätten sich für Stabilität, Ruhe, Toleranz und Freundschaft des multinationalen Volkes ausgesprochen, freute sich der »Führer der Nation«. Tatsächlich war Kasachstan - anders als Kirgistan und Tadshikistan - unter Nasarbajew seit 1991 von blutigen Konflikten weitgehend verschont geblieben, was zweifellos dazu beigetragen hat, dass der Präsident im Lande Respekt genießt. Zudem hat sich der Lebensstandard vieler Kasachen dank der Rohstoffvorkommen des Landes spürbar verbessert. Andererseits zeugte der mehrmonatige Ölarbeiterstreik in Schanaosen (früher Nowy Usen) von sozialen Spannungen. Und seit der Streik am 16. Dezember in gewaltsame Zusammenstöße mit Sicherheitskräften mündete, denen mindestens 17 Menschen zum Opfer fielen, ist Nasarbajews Ruf als Hüter der Stabilität schwer erschüttert. Gewerkschafter sprechen gar von 70 Toten in Schanaosen.
Geradezu gegensätzlich fallen die Zensuren für die Wahlen aus: Beobachter der GUS fanden sie offen und transparent, die an der Sperrklausel gescheiterten Parteien klagen über Wahlfälschung. Dabei soll Nasarbajew, wie sein Berater Ermuchamet Ertysbajew dem »Kommersant« versicherte, seinen Leuten nach den Protesten gegen die Dumawahl in Russland Order gegeben haben, sich nicht in den Wahlablauf und die Stimmenauszählung einzumischen.
OSZE-Beobachter fanden dennoch, dass internationale Standards verfehlt wurden. Das Recht auf freie Versammlung und freie Medienberichterstattung sei verletzt, Parteien und Kandidaten seien an der Teilnahme gehindert worden. Auch Andrej Hunko, Bundestagsabgeordneter der Linken und Wahlbeobachter für den Europarat, folgerte am Montag: »Man kann hier nicht von freien Wahlen sprechen, auch wenn sie technisch weitgehend korrekt durchgeführt wurden.«
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