»Nachts will jeder zu Hause sein«

Journalisten besuchten die syrische Stadt Hama

  • Karin Leukefeld, Damaskus
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Gruppe ausländischer Journalisten hat in Begleitung von Vertretern des syrischen Informationsministeriums die Stadt Hama besucht.

Heftiger Regen geht nieder, als die Gruppe Hama erreicht. Vertreten sind neben dem ND chinesische und russische Medien, ein kubanischer Korrespondent von Prensa Latina, die renommierte »Irish Times« und »The National«, die in Dubai erscheint.

Begleitet von einem Polizeiwagen und einer Eskorte der staatlichen Sicherheit, zeigt ein Vertreter des Gouverneurs von Hama den Reportern die Spuren von Angriffen, mit denen bewaffnete Gruppen, wie es heißt, die Stadt zwischen dem 31. Juli und dem 8. August erschütterten: ein ausgebrannter Offiziersklub, ein ausgebranntes Gericht, eine zerstörte Polizeistation, in der 17 Sondereinsatzkräfte getötet wurden. Dann geht es zu einer Brücke, von der die Toten in das Flussbett des Orontes geworfen wurden.

Der Generalstaatsanwalt im Gericht hat nur wenig Zeit für Fragen. Er sei seit vier Jahren in Hama und habe sich nie so unsicher gefühlt. Erst am Vorabend seien wieder Schüsse und Explosionen am Stadtrand zu hören gewesen, so gehe das seit Monaten. Auf den Fluren des Gerichts stehen die Menschen im Halbdunkel. Der Strom ist ausgefallen, die ausgebrannten Büroräume im Untergeschoss wurden provisorisch auf andere Räume in den oberen Stockwerken verteilt. Eine Frau wartet auf die Genehmigung, das Auto ihres Sohnes abholen zu können, das nach einem Unfall beschlagnahmt worden war. Ein Mann will Auskunft über seinen verhafteten Bruder, eine weitere Frau wartet auf Papiere, weil ihr Sohn heiraten will.

Die Menschen in Hama versuchen, den Alltag zu bewältigen. Manche verdrängen die gewaltsamen Auseinandersetzungen, andere sagen, sie seien froh, dass die Armee dem Spuk Anfang August ein Ende bereitet habe und die Stadt schütze. Bei der Rundfahrt sind weder Panzer noch große Gruppen von Soldaten zu sehen. Vor Eingängen zu öffentlichen Gebäuden und an den zahlreichen Kreisverkehren werden Stellungen mit Sandsäcken von ein oder zwei Soldaten gehalten, der Zugang zum Sitz des Gouverneurs ist frei.

Gouverneur Anas Na'em hat seinen Posten erst im August angetreten, sein Vorgänger musste wegen Korruption und schlechter Amtsführung gehen. In den vergangenen zwei Monaten seien wöchentlich bis zu fünf Entführungen bekannt geworden, sagt Na'em. »Darunter zwei Bürgermeister aus umliegenden Orten, alle wurden getötet vor den Häusern der Familien abgelegt.« Selbst gebaute Bomben würden in Papierkörben deponiert, vor wenigen Tagen sei ein Arbeiter der Müllabfuhr dadurch verletzt worden.

Wie im ganzen Land gebe es auch in Hama Probleme bei der Energieversorgung, sagt der Gouverneur. Der Handel sei um mindestens 20 Prozent zurückgegangen, der für Syrien so wichtige Tourismus sei komplett zum Erliegen gekommen. »Wie Sie wissen, brauchen Touristen Sicherheit und Ruhe, was wir seit Monaten leider nicht mehr haben«, so Gouverneur Na'em. »Wenn es hier dunkel wird, will jeder zu Hause sein. Die Stadt wird zu einer Geisterstadt.«

Die schweren Regenwolken lassen den kalten Novembertag früh zu Ende gehen. Als unser Bus in den frühen Abendstunden Hama Richtung Damaskus verlässt, stauen sich vor den Tankstellen lange Schlangen von Fahrzeugen und Menschen. Seit den EU-Sanktionen sind Diesel und Heizöl knapp.

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