Streit um frühere Nordost-Sozialministerin

MV-LINKE droht neue DDR-Debatte

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
Ein »einfaches Parteimitglied« hat einen Ausschlussantrag gegen die frühere Schweriner Sozialministerin Marianne Linke gestellt – und ein anderes einfaches Mitglied organisiert die Gegenkampagne. Der Linkspartei droht mal wieder ein öffentlicher Historikerstreit.

Gegen die frühere Schweriner Landessozialministerin Marianne Linke wird es ein Parteiauschlussverfahren geben. Das hat Landeschef Steffen Bockhahn in einem E-Mailwechsel mit Ulrich Boje, einem Berliner Parteimitglied und Initiator einer Solidaritätskampagne für Linke, bestätigt. In dem Schriftwechsel weist Bockhahn allerdings jeden Einfluss auf das Verfahren von sich: »Es liegt ein solcher Antrag eines Basismitglieds jedoch vor, und nun wird es ein Verfahren geben, das in der Hand der Schiedskommission liegt.«

Boje, der zuvor von einer »Intrigenkampagne des Landesvorstands MV gegen Marianne Linke« gesprochen hatte, bedankt sich daraufhin beim »Gen. Bockhahn« in einem schneidenden Anweisungston für die »Aufklärung« – betont aber zugleich, dass es an seinem Aufruf nichts zurückzunehmen gebe: »Ich fordere Dich als Landesvorsitzenden (…) sowie den gesamten Landesvorstand in MV deshalb dringend auf, mit diesem Antragsteller zw. Rücknahme des Antrags umgehend zu sprechen und ihn zur sofortigen Rücknahme des Antrages zu bewegen. Dies hätte selbstverständlich und unaufgefordert sofort nach Antragstellung so erfolgen müssen.«

In dem Streit geht es vordergründig um das demonstrative Sitzenbleiben der Ex-Ministerin beim Gedenken an die Opfer der DDR-Grenze auf dem Parteitag am 13. August. »Natürlich ist jeder Tote einer zu viel. (…) Eine Würdigung von Opfern kann für mich aber nicht auf die Jahre 1961 bis 1989 beschränkt bleiben«, hat Linke das in einem Interview begründet. Die »Grenzsicherung« sei »in großem Maße den Siegermächten« zuzuschreiben.

Die Zeitschrift »Analyse und Kritik« schreibt, solche »Geschichtsdebatten« in der Linkspartei seien Ausdruck, nicht Auslöser von Richtungsstreitigkeiten. Auch der Eklat von Rostock hat eine Vorgeschichte: Vor der Landtagswahl wurde der »parteilinke« Block um Marianne Linke eiskalt durchgereicht. So echt der Ärger nicht weniger Parteimitglieder im Land über die »Sitzenbleiber«-Aktion auch sein mag: Ein Teil der Verantwortung für die Eskalation trifft auch den Landesvorstand – meint ein langjähriger Delegierter und Ex-Kreischef, der eher den »Reformern« zuzurechnen ist: »Der Vorsitzende führt zu wenig.«

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