Harte Bandagen
Kurz vor dem Urnengang am 9. Oktober wird der Wahlkampf zwischen der regierenden Bürgerplattform von Donald Tusk und der oppositionellen Partei Recht und Gerechtigkeit unter Führung von Jaroslaw Kaczynski, immer schärfer. Der Abstand zwischen ihnen wird geringer. Je nach Meinungsforschungsinstitut trennten sie zu Beginn vergangener Woche nur noch zwei oder sechs Prozent.
Nach der deklarierter (Un-)Lust der Wählerschaft, an dem »demokratischen Akt« teilzunehmen – weniger als die Hälfte der Berechtigten will an der Wahl teilnehmen – mobilisieren die Hauptakteure des »demokratischen Rechtsstaates« die Passiven auf ihre Art. Die »Bürgerplattformisten«, von den Mainstreammedien unterstützt, halten in noblen Lokalen feurige Reden unter dem Motto »gemeinsam machen wir es besser«, versprechen wieder das Blaue vom Himmel: Steuererleichterungen, Kindertagestätten, Stipendien und, wie sie es nennen, geordnete Zustände im Staat. Ihre verbitterten Gegner gehen tagtäglich unter das Volk, schlagen in Kleinstädten Zelte auf, wo sie mit den Leuten reden, besuchen in Pfarreisälen die guten Christen und reden ihnen ein, dass nur die Kaczynski-Partei gewillt und imstande sei, die sich verbreitende Armut zu mildern und gar zu bekämpfen. »Ihr habt es verdient, besser zu leben«. Im Unterschied zur Staatsparole der PO schreiben sie »die Nation« auf ihre Fahne.
Es fanden sich auch Gelder, mit neuen Presseorganen an die Propagandafront zu gehen. »Nasz Dziennik« erscheint in neuer Aufmachung, »Gazeta Polska« (bisher Wochenblatt) gibt es seit vergangenem Samstag täglich. Die erst kürzlich auf dem Medienmarkt präsente Wochenschrift »Uwazam Rze« als Organ der Rechtsaußen in der polnischen katho-nationalen Publizistik konnte ihre Auflage steigern. Das journalistische Trommelfeuer der Rechten ist brutal wie nie. Allesamt gehen sie ins Private und scheuen kaum vor Angriffen unter die Gürtellinie.
Sehr delikat dagegen verhält sich der politisch-ideologische Wegweiser und Begleiter der Rechten: die Hierarchie der römisch-katholischen Kirche und deren Fußvolk. Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Jozef Michalik, ermahnte seine Herde, nur auf Kandidaten jener Partei zu setzten, die »nach dem Evangelium« handelt und die gegen das »den Gläubigen aufgezwungene Getto anstürmt«. Am Freitag vor einer Woche sagte in Tomaszewice bei Krakow während der Konferenz »Die ethische Dimension der Politik« Kardinal Stanislaw Dziwisz, es sei durchaus lobenswert, wenn die Menschen, von christlichen Werten getragen, die Politik aktiv gestalten wollen. Das Wort »Gleichschritt« drängt sich wohl auf.
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