Wunder Li Na läßt China kopfstehen

Tennis: Grand-Slam-Sieg bei den French Open

  • Ulrike Weinrich, SID
  • Lesedauer: 3 Min.
Li Na hat mit ihrem Sieg bei den French Open in Paris Tennis-Geschichte geschrieben. Die erste asiatische Grand-Slam-Siegerin hofft nun auf einen Tennisboom in der Heimat.

Als sich die neue Sandplatzkönigin Li Na nach ihrem revolutionären Sieg in die rote Asche von Paris fallen ließ, standen im Reich der Mitte Millionen Menschen kopf. »Eine Freundin hat mir eine SMS geschrieben, dass sie in China vor Freude weinen. Besonders, als hier im Stadion unsere Nationalflagge gehisst wurde«, erzählte Li Na nach ihrem 6:4, 7:6 (7:0)-Finalsieg bei den French Open gegen Titelverteidigerin Francesca Schiavone (Italien).

Rund 50 Millionen Menschen hatten in China vor den Fernsehgeräten den ersten Grand-Slam-Erfolg für Asien verfolgt – und das um Mitternacht Ortszeit. Geschätzte 400 Millionen sahen am Morgen danach in den Nachrichten immer wieder die jubelnde Volksheldin mit dem Rosen-Tattoo über dem Herz, die bei der Nationalhymne Tränen in den Augen hatte. Die Staatspresse nannte den Sieg schlicht »ein Wunder«.

Ihre persönliche Lieblings-Schlagzeile vom historischen Coup in Roland Garros hatte die ehemalige Journalismusstudentin Li Na umgehend parat. »Ich würde schreiben: Ein Traum ist wahr geworden. Schon als Kind wollte ich immer ein Grand-Slam-Champion sein«, sagte die 29-Jährige mit leuchtenden Augen, wissend, dass sie als erste Chinesin die Top 5 der Weltrangliste knackt: Ab heute wird Li Na auf Platz vier geführt.

Auch die deutsche Nummer eins Andrea Petkovic hält große Stücke auf die wieselflinke Asiatin. »Sie hat so eine Aura. Das spürt man gleich«, sagte die Darmstädterin. Auf einen rauschenden Empfang in der Heimat muss Li Na, die Anfang des Jahres das Finale der Australian Open gegen Kim Clijsters (Belgien) verloren hatte, allerdings noch warten.

Zunächst steht nämlich der Ausflug auf den heiligen Rasen von Wimbledon in London an. »Wenn ich da nicht gut spiele, werden mich meine Landsleute vielleicht ganz schnell wieder vergessen«, scherzte die Rechtshänderin. Das Internetportal Tengxun adelte derweil seine »Große Schwester Na« und »goldene Blume« ungeachtet des Basketball-Heroen Yao Ming als »strahlendste aller chinesischen Sportler«.

Der Revolutionärin mit den Powerschlägen müssen in der Stunde des Triumphs viele Dinge durch den Kopf gegangen sein. Die verrückten (Erfolgs-)Geschichten mit Ehemann Jiang Shan zum Beispiel. Der hatte im Achtelfinale gegen Petra Kvitova (Tschechien) beim Stand von 0:3 im entscheidenden Satz einfach die Box verlassen. Danach machte Li Na sechs Spiele in Folge und gewann. »Er ist geflohen, danach lief es plötzlich«, erzählte sie.

Nur wenige Wochen vor den French Open hatte sie den Gatten als Trainer gefeuert. »Wir haben uns drei Jahre lang 24 Stunden am Tag gesehen«, erklärte Li Na die berufliche Trennung, nachdem sie nach dem Finaleinzug in Melbourne vier Erstrundenpleiten in Serie kassiert hatte.

Der Däne Michael Mortensen führte Li Na als Coach zurück auf den Erfolgspfad, doch auch der inzwischen als Hitting-Partner agierende Ehemann hatte entscheidenden Anteil am mit 1,2 Millionen Euro dotierten Triumph in Paris. »Er kann eine sehr gute Slice-Rückhand spielen«, berichtete Li Na von der idealen Vorbereitung auf Technikerin Schiavone.

Li Na wünscht sich nun, dass ihr Grand-Slam-Coup in China einen Tennisboom auslöst. »Ich hoffe, viele Kinder haben mich gesehen und sich vorgenommen: Da will ich auch einmal stehen«, sagte die Volksheldin, die dem nationalen Verband zwölf Prozent (früher waren es 65) des gewonnenen Preisgeldes abtreten muss.

Tennis-Ikone Billie Jean King (USA) glaubt sogar, dass eine künftige Nummer eins aus dem Reich der Mitte kommt, »und das eher früher als später«. Immerhin spielen mittlerweile in China drei Millionen Tennis. Vor 25 Jahren waren es gerade mal geschätzte 10 000.

Nadal kontra Federer

Im Männer-Finale standen sich Rafael Nadal (Spanien) und Roger Federer (Schweiz) gegenüber – und das bereits zum vierten Mal bei den French Open. Nach 7:5 und 5:4 für Nadal war die Finalpartie bei Redaktionsschluss wegen Regens zeitweilig unterbrochen worden. Nadal, der bereits fünf Mal in Paris gewinnen konnte, hatte in den bisherigen drei Endspielen gegen Federer gesiegt.

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