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Ungebrochen
Mukhtar Mai will trotz des Freispruchs ihrer pakistanischen Vergewaltiger nicht aufgeben
Tränen der Enttäuschung rannen über ihr Gesicht – aber aufgeben will sie nicht. Auch nachdem sie vor Gericht nun endgültig gescheitert ist, lässt sich Mukhtar Mai nicht unterkriegen. Ihre Bildungsprojekte für Mädchen will die 39-Jährige ebenso fortführen wie den Kampf für Frauenrechte auf sozialer und politischer Ebene. Gleichwohl ist es ein schwerer Rückschlag, den sie derzeit wegstecken muss. Eine Kammer des Supreme Court, dem Obersten Gericht Pakistans, hat den bereits 2005 von der Vorinstanz verfügten Freispruch der Männer bestätigt, die für ihre Vergewaltigung verantwortlich sind. Auch die damalige Begründung des Landgerichts in Lahore, die auf kleinere Lücken in der Beweiskette abzielen, machten sich die Richter mehrheitlich zu eigen.
Das Verbrechen hatte 2002 weltweit Schlagzeilen gemacht. Ein traditionelles Stammesgericht, wie es im ländlichen Pakistan weithin üblich ist, hatte die Vergewaltigung durch Angehörige eines höher stehenden Clans angeordnet, nachdem sich angeblich ihr jüngerer Bruder einer Frau aus dessen Reihen unsittlich genähert hatte. Wie sich später herausstellte, handelte es sich um eine falsche Anklage, um zu vertuschen, dass der damals 12-Jährige selbst von Männern des anderen Clans missbraucht wurde. Statt still zu leiden oder gar Selbstmord zu begehen, erstattete Mukhtar Mai Anzeige und berichtete vor der Presse schließlich offen über das, was ihr angetan wurde. Im streng konservativen Pakistan ein Tabubruch, aber von etablierten Frauenrechtlern und zumindest einigen Staatsvertretern bis hin zum damaligen Präsidenten Pervez Musharraf erhielt sie auch Zuspruch und Schutzangebote gegen die zahlreichen Anfeindungen.
Acht der ursprünglich 14 Angeklagten sind schon entlassen worden, die übrigen sechs sind bis auf eine Ausnahme nach dem höchstrichterlich bestätigten Freispruch nun ebenfalls wieder auf freiem Fuß. Ein Justizskandal, so empfindet es auch die liberale Medienöffentlichkeit in Pakistan. Zeitungskommentatoren von »Dawn« bis »Daily Times« monierten an der Entscheidung, dass sie ein verheerendes Signal sende. Wenn in diesem Fall keine Verurteilung erginge, würden sich Vergewaltigungsopfer künftig noch mehr scheuen, ihre Peiniger anzuzeigen.
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