Alle gegen Alle im Wasserstreit

Inventur der Verträge und Nebenabreden gefordert / Parteienkonflikt um Preise schwelt weiter

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Für den Sprecher des erfolgreichen Volksentscheids »Schluss mit dem Geheimverträgen – Wir Berliner fordern unser Wasser zurück« ist es ein Präzedenzfall. »Wenn eine Regierung ein Gesetz verabschiedet«, sagt Thomas Rudek, »gibt es normalerweise keine Sorge, dass das Gesetz auch angewandt wird.« Beim von über 660 000 Berlinern im Volksentscheid zum Wasser am 13. Februar verabschiedeten Volksgesetz sieht das aus Rudeks Perspektive anders aus. Formaljuristisch sei das Gesetz durch die Veröffentlichung im Amtsblatt seit kurzem zwar in Kraft, doch in der Verwaltung werde es nicht angewandt, moniert der Sprecher des Volksentscheids zum Wasser.

Dies liege nicht zuletzt am Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), der sich laut Rudek verweigere, dass »Gesetz verwaltungsmäßig zu vollziehen«. Seiner Meinung nach sollte Wowereit zunächst alle Senatsstellen auffordern, ihm sämtliche Vertragsdokumente und Nebenabreden in einem Register aufzuführen. Alles, was bei dieser Inventur außen vor bliebe, wäre nach dem Volksentscheidsgesetz unwirksam. Darauf verwies unlängst auch Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix, der daran erinnerte, dass bis zum 13. März 2012 alle Verträge, Beschlüsse und Nebenabreden zum umstrittenen Teilverkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB) auf den Tisch müssten. Hierzu zählen allerdings auch die nicht öffentlichen Schiedsvereinbarungen zwischen Senat und privaten Investoren RWE und Veolia, meint Rudek.

Was die Prüfung der bereits durch den Senat offengelegten Vertragswerke zu den 1999 teilprivatisierten Berliner Wasserbetrieben angeht, haben sich inzwischen zwei unterschiedliche Zusammenhänge konstituiert: Einmal gibt es einen Zirkel, der von der Bürgerinitiative Berliner Wassertisch ins Leben gerufen wurde, in dem Wirtschaftsprüfer, Politologen und Laien gemeinsam die Texte studieren. Dann gibt es parallel laut Thomas Rudek noch einen weiteren Kreis von über zehn Juristen, die ebenfalls die veröffentlichten Verträge prüfen. Ob und wann daraus eine Klage resultieren könnte, ist unklar. Sobald aber eine juristische Strategie vorliegt, werde man damit an die Öffentlichkeit gehen, sagt Rudek. Zu rechnen sei damit jedoch frühestens im Mai oder Juni. Da sich ein Klageverfahren einige Zeit hinziehen dürfte, erwägt Thomas Rudek darüber hinaus, ein Volksbegehren zur Rekommunalisierung der BWB zu initiieren. Ob das wieder unter dem Dach des Wassertisches stattfinden wird, ist indes fragwürdig. In dem Bürgerzusammenschluss gibt es seit dem erfolgreichen Volksentscheid nämlich vermehrt Probleme untereinander – deshalb beschäftigen sich zur Zeit auch zwei Gremien mit den Verträgen.

Konflikte gibt es aber nicht nur unter den Mitstreitern der Bürgerinitiative, sondern auch zwischen Opposition und rot-roter Senatskoalition, aber auch in dieser selbst. Öffentlich wurden die Probleme nach dem Bekanntwerden der vorläufigen Einschätzung des Bundeskartellamts in der vorvergangenen Woche, nach der die Berliner Trinkwasserpreise im Bundesvergleich möglicherweise um bis zu 50 Cent pro Kubikmeter zu hoch sind. Initiiert hatte das kartellrechtliche Verfahren Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE), der im Anschluss aber sowohl von der Opposition als auch vom Koalitionspartner SPD für die teuren Wasserpreise verantwortlich gemacht wurde. Sogar Klaus Wowereit, dessen Sozialdemokraten 1999 die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe in einer großen Koalition vollzogen hatten, schob seinem Partner in diesem Zusammenhang eine Verantwortung zu.

Diesen rot-roten Zwist versuchten derweil die Grünen auszunutzen. Im Abgeordnetenhaus forderten sie am vergangenen Donnerstag zu später Stunde, Wirtschaftssenator Wolf von seinem Posten als Aufsichtsratsvorsitzender der BWB zu entbinden. Rot-Rot lehnte den Antrag zwar ab, der Schlagabtausch im Plenum war aber heftig und von gegenseitigen Schuldzuweisungen, auch innerhalb der Koalition, gekennzeichnet. Der Wasserstreit schwelt weiter – auf unterschiedlichsten Ebenen. Nicht zuletzt natürlich auch mit den privaten Investoren RWE und Veolia.

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