Es braucht langen Atem, um Gentrifizierung abzubremsen

Bewegungsforscher Dieter Rucht sieht verschiedene Hintergründe für den Konflikt um das Hausprojekt »Liebig 14«

  • Lesedauer: 3 Min.
Dieter Rucht ist Professor am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin (WZB).
Dieter Rucht ist Professor am Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin (WZB).

ND: Geht es bei den Protesten gegen die geplante Räumung der Liebigstraße 14 noch um Inhalte oder nur noch um Krawall?
Rucht: Den Bewohnern geht es schon um Inhalte, zum Beispiel um den Erhalt von billigem Wohnraum und Freiräumen in der Stadt. Die drohende Räumung aber ist ein Politikum. Es geht nicht nur um das eigene Anliegen. Da wird auch der Beifall des linksradikalen Milieus gesucht.

Ist die Liebigstraße 14 dabei ein besonderes Symbol?
Das Haus ist das letzte Überbleibsel aus der Ära von Hausbesetzungen in Berlin. Damit ist es ein Symbol. Es gab in Berlin früher 120 bis 140 besetzte Häuser. Bei allen anderen haben inzwischen Legalisierungen stattgefunden, sei es durch eine Einigung mit den Bewohnern oder durch eine Aufgabe der Häuser durch die Besetzer. An die Bewohner der Liebigstraße 14 gab es das Angebot eines Ausweichquartiers in Pankow. Sie haben das mit einem »Recht auf Innenstadt« abgelehnt.

Halten Sie das für ein Argument?
Nein. Es gibt kein Recht auf Innenstadt. Das hängt wohl eher mit der Vorliebe für einen Kiez und auch mit der Bequemlichkeit der Bewohner zusammen.

Die Proteste gegen die Räumung lenken den Blick auch auf das Thema Gentrifizierung. Damit ist die Verdrängung von langjährigen Bewohnern eines Kiezes gemeint, der für sie zu teuer geworden ist. Dieses Thema wird sich nach der Räumung des Wohnprojekts in der Liebigstraße 14 kaum erledigen?
Nein, diese Problematik bleibt. Es gibt feste Mechanismen bei der Gentrifizierung. Zuerst sind da desolate Quartiere mit günstigen Mieten, in die auch Studenten und Künstler ziehen. Da entsteht eine Szene. Das zieht eine zahlungskräftigere Mittelschicht an. Dadurch wird ein Gebiet auch interessant für Investoren. Sie kaufen dort Häuser und sanieren sie. Manchmal lassen sie die Häuser auch erst verfallen, um die alten Mieter loszuwerden. Schließlich wird das dann zum Edelquartier. Die Preise können sich einige ursprüngliche Bewohner des Viertels dann bald nicht mehr leisten. Sie ziehen weg.

Gibt es aus diesem Dilemma keinen Weg heraus?
Es gibt immer wieder Versuche. Am erfolgreichsten ist dabei der lange Atem von Bürgerinitiativen. Manchmal konnten sie in Zusammenarbeit mit Architekten und Stadtplanern Alternativen entwickeln und eine Gentrifizierung verhindern oder zumindest abbremsen.

Kennen Sie ein Beispiel dafür?
In den 1980er Jahren gab es das recht erfolgreich in Berlin-Kreuzberg, SO 36. Heute würde ich die Initiative gegen die Mediaspree-Planungen als Versuch dazu zählen. Dabei sehe ich aber bisher nur partielle Erfolge. Einen durchschlagenden Erfolg sehe ich nicht. Fragen:

Ulrike von Leszczynski, dpa

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