Leseprobe

Abendroth

  • Lesedauer: 2 Min.

Wolfgang Abendroths Gedankenwelt wie sein Lebensweg waren davon bestimmt, ausgehend von einer positiven Würdigung des Jahrhundertereignisses Oktoberrevolution 1917 den Kampf der Arbeiterbewegung für eine sozialistische Demokratie voranzutreiben. In mittel- oder langfristig zu erwartenden und sich durchsetzenden ökonomischen Erfolgen der realsozialistischen Staaten sah er zugleich die Voraussetzungen wie die Chancen für deren innere Demokratisierung ...

Die Sowjetunion ist im Jahre 1991 implodierend von der Weltbühne verschwunden. Der welthistorische Impetus der Oktoberrevolution ist erloschen. Dieser Weg ist nicht an schwierigen äußeren Bedingungen zugrunde gegangen, vielmehr enthielt er Systemfehler, die in die ökonomische Stagnation und den Niedergang führten und die es nicht angeraten, ja verboten erscheinen lassen, einen neuen Versuch in dieser Richtung zu wagen ... Dennoch, wer heute den Versuch unternimmt, europäische Sozialstaatlichkeit gegen die wachsende neoliberale Hegemonie verteidigen zu wollen, wird ohne das geistige Rüstzeug Wolfgang Abendroths nicht auskommen können. Das gilt – und das zeigt vor allem sein eigener Lebensweg – im Übrigen für Aktivisten ganz unterschiedlicher Parteien, soweit sie denn nach Leitlinien suchen, die ihnen zugleich die aktualisierenden geistigen Anstrengungen selbst abverlangen. Den Abendrothschen Lebensweg ... wird man nicht verstehen können, wenn man nicht zugleich die Spuren mit untersucht, die sein Wirken in einer nach politischer Autonomie, nach dem Schutz vor Bevormundung von Parteivorständen und -apparaten suchenden Jugendbewegung bei ihm selbst hinterlassen haben. Deshalb taugt er bis heute als mahnender Ratgeber für die Unverzichtbarkeit des eigenen Kopfes, das selbstständiges Lernen, das das Machen eigener Fehler einschließt. Weniger taugt er für retrospektive Rechtfertigungsdebatten darüber, ob diese oder jene Parteilinie historisch aktuell die richtige war.

Aus »Auf dem Weg zum Sozialismus – Wolfgang Abendroth« (40 S., br., 3 €, Helle Panke e.v., zu bestellen über den Verein, Tel.: 030/47 53 87 24) von Uli Schöler.

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