Wie eine Kleingartenanlage Teilerfolge gegen die Stadt Dresden erringt

Kleingarten

  • Lesedauer: 3 Min.
Kleingärten haben in Deutschland eine lange Tradition. Der sogenannte Schrebergarten geht zurück auf den Leipziger Orthopäden Daniel Gottlob Moritz Schreber, der als Arzt dazu aufgerufen hatte, Plätze festzuschreiben, an denen Kinder spielen und insbesondere kranke Arbeiter sich an frischer Luft erholen können. Der Kleingarten hat also seine Geburtsstätte im heutigen Freistaat Sachsen. Und es geht nach wie vor darum, so viele Anlagen wie möglich zu erhalten.

Um so bedenklicher ist es, wenn durch die Stadt Dresden eine traditionsreiche Kleingartenanlage, die »Hellersiedlung«, durch Aberkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit liquidiert werden sollte.

Die »Hellersiedlung« ist nach dem Zweiten Weltkrieg auf einem vormals militärisch genutzten Gelände zunächst als Einfamilienhaussiedlung entstanden, woraus sich die großflächige Parzellierung und der Bestand von einigen Wohngebäuden erklären.

Am 10. Oktober 1945 hatte die Landesverwaltung Dresden die Übereignung beschlossen. Die Eingliederung in den Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) erfolgte 1952.

Die Siedlung gehört mit 422 000 Quadratmetern zu den größten Anlagen im Freistaat Sachsen und hat insbesondere durch die Nähe zur Innenstadt eine immense Bedeutung für die Landeshauptstadt. Auf Antrag wurde dem Kleingartenverein Hellersiedlung Nordhöhe e. V. im Jahre 1996 die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit zuerkannt, bestätigt 1999, 2003 und 2005.

Mit Bescheid vom 28. September 2009 hat die Landeshauptstadt Dresden der Anlage jedoch die kleingärtnerische Gemeinnützigkeit abgesprochen, da diese Anlage keine Kleingartenanlage mehr sei. Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch eingelegt, so dass nun der Freistaat Sachsen eine Entscheidung herbeizuführen hatte.

In diesem Verfahren wurde durch den Freistaat Sachsen, Landesdirektion Dresden, eine sachliche Bewertung der Kleingartenanlage vorgenommen. Er bestimmte, dass der Gemeinnützigkeitsstatus aus öffentlichem Interesse an der Erhaltung der Kleingartenanlage »Hellersiedlung« fortbestehen muss. Dieses Interesse ist vorrangig, auch gegenüber noch vorhandenen Unzulänglichkeiten in der Anlage, wie z. B. Größe und Bebauung von Parzellen und mangelnder kleingärtnerischer Nutzung.

Die Landeshauptstadt hatte jedoch unter Missachtung höchstrichterlicher Rechtsprechung, so des Bundesgerichtshofes, nicht die Gesamtanlage im Blick, sondern nur einzelne Parzellen. Folgerichtig führte das zu einer Fehleinschätzung.

Durch die Landesdirektion Dresden, Freistaat Sachsen, wurde eine Inaugenscheinnahme vor Ort in Anwesenheit aller Beteiligten durchgeführt. Doch die Vertretung der Landeshauptstadt Dresden konnte nicht von der Rechtsprechung überzeugt werden.

Die Kleingartenanlage ist nicht einem Schrebergarten gleichzusetzen, sondern stellt mit ihrer außergewöhnlichen Größe und der Anzahl der Parzellen und der Nutzer eine Herausforderung an den ehrenamtlichen Vorstand der Anlage dar.

Im Zeitalter ökologischer Daseinsvorsorge hat der Kleingarten eine neue Bedeutung. Es geht also nicht schlechthin nur um die Wirtschaftskraft, sondern vorrangig um Frischluftzonen für die Stadt und zugleich um eine stärkere soziale Vernetzung. Nach wie vor ist eine Anlage ein soziales Bindeglied zwischen unterschiedlichen Menschengruppen. Die Kleingärten dienen somit der Erholung aller Dresdner und nicht nur der Ansässigen in der Anlage.

Es ist mehr als folgerichtig, wenn im Ergebnis durch die Landesdirektion Dresden des Freistaates Sachsen der Bescheid der Landeshauptstadt aufgehoben und zugleich auch ein Maßnahmeplan zur Erhaltung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit der Anlage beigefügt wurde. Zum Beispiel sollen übertriebene Baulichkeiten, die nicht der Kleingartenordnung des Landesverbandes der Kleingärtner Sachsens entsprechen, Schritt für Schritt beseitigt werden.

Hier wurde ein Beispiel geschaffen, wie Verantwortliche dem Ehrenamt hilfreich zur Seite stehen können, um Lösungen zu finden. Entscheidungen von Ämtern und Politikern bedürfen mehr denn je der sachgerechten Bürgerinformation. Das Gesamtinteresse des Territoriums, in diesem Fall der Stadt Dresden, ist bestimmend. Ohne eine so bedeutende Kleingartenanlage beraubt sich die Stadt der ökologischen Ressourcen.

Aus dem Verfahren entsteht die Hoffnung, dass es zukünftig ein stärkeres Miteinander der Kleingartenanlagen, des Stadtverbandes, der Verantwortlichen der Stadt und des Freistaates sowie des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement geben wird.

Schließlich bleibt aber abzuwarten, ob die Stadt Dresden einsichtig ist oder ob sie beim Verwaltungsgericht gegen den Freistaat Sachsen und den Bescheid klagen wird.

JÜRGEN NAUMANN, Rechtsanwalt, Berlin Köpenick

Az. des Bescheides des Freistaates Sachsen vom 10. November 2010: 45-0532.30/12/2009-04

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