Australien hat erste Heilige

Nonne Mary MacKillop von Papst Benedkt XVI. in Rom kanonisiert

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Papst Benedikt XVI. hat in Rom Mary MacKillop heiliggesprochen. Nicht nur ist sie Australiens erste Heilige überhaupt. Ihr Lebensweg ist auch durch manchen Kampf mit der kirchlichen Obrigkeit gekennzeichnet.

Penola – dieser Name war bisher selbst den allermeisten Australiern fremd. Das südaustralische Städtchen 388 Kilometer südöstlich der Regionalhauptstadt Adelaide ist nun aber beinahe in aller Munde, handelt es sich dabei um den Ort, wo Mary MacKillop längere Zeit gewirkt hat und ihre Laufbahn als Nonne begann. In Zukunft könnte es sich zu einer Wallfahrtsstätte entwickeln. Doch nicht nur in Penola, wo sie 19-jährig zunächst einen Gouvernantenjob auf der Farm ihres Onkels annahm, wird ihre Heiligsprechung gefeiert. Auch in Melbourne, wo sie 1842 als achtes Kind einer schottischen Einwandererfamilie zur Welt kam, und in Sydney, wohin sie 1883 das Hauptquartier ihres Ordens verlegt hatte und 1909 starb, sind Freude und Stolz hinsichtlich der ersten australischen Heiligen groß.

Fast 80 Jahre hat es bis zu dem großen Tag gedauert – an sich keine lange Zeit für den Vatikan, wo der Kanonisationsprozeß sich bisweilen mehrere Jahrhunderte hinzieht. Aber wie schon zu Lebzeiten der unbequemen Nonne gab es auch nach ihrem Tode wohl in einigen kirchlichen Kreisen Widerstand. So soll der Antrag bis 1951 auf Eis gelegen haben, weil angeblich ein wichtiges Dokument fehlte – dieses lag aber die ganze Zeit offen in Rom, wie Pater Paul Gardiner vor der Presse betonte. Gardiner ist der wichtigste Experte, der zu Leben und Werk Mary MacKillops geforscht hat.

Für ihre Zeit und die Umstände im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts in der britischen Kolonie war die junge Frau eine bemerkenswerte, moderne, mutige Persönlichkeit. Mit Pater Julian Woods, den sie in Penola getroffen hatte, eröffnete sie 1866 die erste freie katholische Schule Australiens, noch im gleichen Jahr entsteht ihr eigener Orden, die Schwestern von St. Joseph dem Heiligen Herzen.

Bildung für die Armen hat sich Mary MacKillop auf die Fahnen geschrieben, wird mit 25 Jahren zur Leiterin der Gemeinschaft, die Kinderheime, Krankenhäuser und Heime für Obdachlose aufbaut, sich um Ex-Prostituierte und unverheiratete Mütter kümmert. Doch es ist nicht nur das soziale Engagement für von der Gesellschaft Ausgestoßene. Vor allem mit ihrer Weigerung, sich durch den zuständigen Bischof in Ordensbelange hineinreden zu lassen, macht sie sich erste Feinde.

Als sie und ihre Mitschwestern dann auch noch einen Priester wegen Kindesmißbrauchs anklagen, ist das Maß voll – vor allem Pater Charles Horan, enger Freund des in Mißkredit Geratenen und einflußreicher Priester, streut Gerüchte und betätigt sich kirchenintern als Strippenzieher. Mary MacKillop wird 1871 von Adelaides Bischof Laurence Sheil wegen »Insubordination« exkommuniziert, allerdings nimmt Sheil dies ein Jahr später auf seinem Sterbebett wieder zurück. 1873 ist die Ordensleiterin in Rom, um von Papst Pius IX. die formelle Anerkennung ihrer Gemeinschaft zu erhalten.

Eine Rebellin? Nein, zumindest Kardinal George Pell, der höchste katholische Geistliche Australiens, will nicht so weit gehen. Mary MacKillop habe die Autoritäten nie generell in Frage gestellt. Sehr wohl aber sei sie immer sehr hartnäckig gewesen und habe sich beim Erreichen eines Ziels durch nichts und niemanden beirren lassen. Was Pell so offen nicht ausspricht: Gerade in Zeiten, da die katholische Kirche vor allem in Europa durch Mißbrauchsskandale bisher ungeahnten Ausmaßes in Bedrängnis geraten ist, kann diese sozial aktive wie kritische Nonne in der Tat als Vorbild gelten. Und so sind es auch in Australien neben gewissen patriotischen Aspekten längst nicht nur überzeugte Katholiken, die ihre Heiligsprechung sehr begrüßen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -