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Mit milder Kürze gegen die LINKE

NRW-Verfassungsschutz-Bericht vorgestellt

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 2 Min.
Kaum hat eine rot-grüne Minderheitsregierung – die im Landtag auf die Stimmen der Linksfraktion angewiesen ist – Schwarz-Gelb abgelöst, schon fällt das Urteil des NRW-Verfassungsschutzes über den Landesverband der LINKEN deutlich milder aus. Das belegt der Zwischenbericht 2010 des Inlands-Geheimdienstes, den NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern in Düsseldorf vorstellte.

Auf weniger als einer Druckseite werden die »Erkenntnisse« über angebliche extremistische Bestrebungen des als parteilinks geltenden NRW-Landesverbandes referiert. Sachlich wird dargelegt, dass ein Entwurf des Landtagswahlprogrammes zu »kritischen Stimmen« geführt habe. In der Programmdebatte habe sich »der antikapitalistische Teil der Partei unter maßgeblichem Einfluss der extremistischen Strömungen« durchgesetzt. Beschlossen wurde das Programm im November 2009 in Hamm. Im eigentlichen Berichtszeitraum – dem ersten Halbjahr 2010 – fanden die Verfassungsschützer offenbar nichts Kritikables. Denn der Rest des Textes beschäftigt sich mit den Erfolgen der LINKEN bei der Landtagswahl im Mai.

Kürzer, milder, sachlicher – so fällt die LINKE-Passage im aktuellen VS-Bericht aus, wenn man sie mit früheren Veröffentlichungen vergleicht. Zum Beispiel mit jenem VS-Bericht, den der damalige Innenminister Wolf (FDP) im März vorstellte. »In der Formulierung ›rational, sozial gerecht, nachhaltig und demokratisch‹ … sind alle Elemente enthalten, die auch die Forderung nach einer realsozialistischen Planwirtschaft denkbar erscheinen lassen«, hieß es da über das Landtagswahlprogramm der NRW-LINKEN. Was eine denkbar erscheinende Forderung ist, ließen die Schlapphüte offen. LINKEN-Politiker erhoben derweil den Vorwurf, Wolf instrumentalisiere die 338-Mitarbeiter-Behörde für politische Zwecke.

Gleichwohl nimmt NRW noch immer eine Sonderstellung ein: In den meisten Bundesländern wird DIE LINKE nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet. »Die Vorwürfe werden immer inkonkreter«, moniert Rüdiger Sagel, Vize-Vorsitzender der Linksfraktion. Und fordert: »Minister Jäger muss die Überwachung der NRW-LINKEN endlich einstellen«.

Bei der Vorstellung des neuen VS-Berichts warnte Jäger gestern vor einer neuen Qualität rechter Gewalt: »Rechtsextremisten schrecken heute selbst vor selbstgebastelten Sprengkörpern nicht zurück«. Der Sozialdemokrat bezog sich mit diesen Aussagen offensichtlich auf explosives Material, das unlängst bei einem Aachener Neonazi gefunden wurde. Eine neue Sorge des Ministers nährt die Ausbreitung des Salafismus: Auf diese »radikal-islamistische Strömung« richte der NRW-Verfassungsschutz ein besonderes Augenmerk. Denn sie propagiere die Unterdrückung der Frau, strebe einen Gottesstaat an und lehne den bewaffneten Jihad nicht grundsätzlich ab. Es drohe eine weitere Radikalisierung, die vereinzelt in Terrorismus münden könne. Zu allem Überfluss nutzten Rechtsextremisten das Thema Salafismus, »um Islamisierungsängste zu schüren und für ihre Zwecke zu instrumentalisieren«. Im niederrheinischen Mönchengladbach tobt derzeit ein Konflikt über die Ansiedelung eines salafistischen Zentrums.

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