Absurd

Sprach-Kritik

  • Kurt Schneider
  • Lesedauer: 2 Min.

Sprachliche Verschleierungen von Tatsachen und Zusammenhängen sind allgegenwärtig und werden als solche kaum mehr wahrgenommen. Klaus Höpcke, Journalist und in der DDR ministeriell mit Sprache, mit Literatur befasst, spießt sie auf. Zum Beispiel die Verdrehung, dass ein Mensch, der seine Arbeit verkauft, »Arbeitnehmer« genannt wird – während man den Unternehmer, der sich den produzierten Mehrwert aneignet, absurderweise als »Arbeitgeber« bezeichnet. Man sagt »Umbau«, wenn man Abbau meint, spricht von »abwickeln«, wenn es um den Raussschmiss von Menschen aus Betrieben und Institutionen geht. Kollateralschaden war das Unwort des Jahres 1999, das die Tötungen von Menschen durch Bombenabwürfe oder Raketentreffer auf zivile Orte kleinreden sollte.

Und was ist eigentlich gemeint bzw. beabsichtigt, wenn von einem »Vordenker« oder von »Ankommen« die Rede ist? Höpcke nimmt auch solche Sprachneuschöpfungen und Modewörter aufs Korn.

»Das Verschleiern der tatsächlichen Verhältnisse in Politik und Medien«, bemerkt der Autor, »gehört zu den gefährlichsten psychologischen Barrieren gegen politische Bildung. Immer umfassender bestimmen terminologische Verkehrungen von Tatsachen in ihr Gegenteil die Verfälschung der Wirklichkeit im Bewusstsein vieler Menschen.«

Auf Höpcke selbst trifft zu, was er über 537 US-amerikanische Schriftsteller sagt, die der Gruppe »Poeten für den Frieden« angehören, die vor Jahren den wirklichen Sinn der von der damaligen US-Administration ersonnenen militärischen Schlagworte enthüllten: »Wenn Meister des Wortes ihre Pflicht erkennen, Wortmissbrauch zu entschleiern, ist das bemerkenswert.«

Klaus Höpcke: Wort und Widerwort. Gegen spracliches Umdrehen tatsächlicher Verhältnisse. Verlag am Park, Berlin. 100 S., br., 9,90 €.

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