Bundesgerichtshof: Keine Strafbefreiung, wenn Steuerhinterziehung bereits entdeckt ist
Fiskus
Das Landgericht München II hatte den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung und Betruges in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
Dem Urteil lag zugrunde, dass der Angeklagte, Geschäftsführer einer US-amerikanischen Gesellschaft im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Medizingeräten, mit unwahren Angaben über den Entwicklungsstand von Produkten Anleger, die Anteile der Gesellschaft zu einem überhöhten Preis erworben hatten, um nahezu drei Millionen Euro geschädigt hatte. Daneben hatte er es pflichtwidrig unterlassen, für das Jahr 2000 eine inländische Einkommensteuererklärung abzugeben, obwohl er Vermittlungsprovisionen aus dem Verkauf von Aktien erhalten hatte und aufgrund seines dauerhaften Aufenthalts im Inland in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig war. Hierdurch hatte er Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag von mehr als 5,8 Millionen Mark verkürzt.
Der Angeklagte legte gegen seine Verurteilung Revision ein und machte dabei u.a. geltend, er hätte nicht wegen Steuerhinterziehung verurteilt werden dürfen, weil er im Rahmen einer Durchsuchungsmaßnahme noch wirksam Selbstanzeige erstattet und die von ihm hinterzogenen Steuern nachbezahlte.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Angeklagten verworfen und dabei zur Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung (§ 371 Abgabenordnung) die folgenden Ausführungen gemacht: Mit der strafbefreienden Selbstanzeige besteht für einen Steuerhinterzieher aus fiskalischen Gründen die Möglichkeit, nachträglich Straffreiheit zu erlangen, wenn er durch Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung von Angaben gegenüber dem Finanzamt dem Fiskus bislang verborgene Steuerquellen erschließt. Hinzukommen muss aber die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit. Aus diesem Grund kann z.B. ein Steuerhinterzieher keine Straffreiheit erlangen, wenn er von mehreren bisher den Finanzbehörden verheimlichten Auslandskonten nur diejenigen offenbart, deren Aufdeckung er fürchtet; er muss hinsichtlich aller Konten »reinen Tisch« machen.
Eine Strafbefreiung scheidet auch dann aus, wenn die Steuerhinterziehung bereits entdeckt ist. Eine Tatentdeckung ist in der Regel bereits dann anzunehmen, wenn nach Aufdeckung einer Steuerquelle unter Berücksichtigung vorhandener weiterer Umstände nach allgemeiner kriminalistischer Erfahrung eine Steuerstraftat oder –ordnungswidrigkeit nahe liegt. Stets ist die Tat entdeckt, wenn der Abgleich mit den Steuererklärungen des Steuerpflichtigen ergibt, dass die Steuerquelle nicht oder unvollständig angegeben wurde.
Im Falle einer Durchsuchung wegen des Verdachts einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit kommt eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr in Betracht (§ 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a Abgabenordnung). Dies gilt auch für solche Taten, die mit dem bisherigen Ermittlungsgegenstand in sachlichem Zusammenhang stehen.
Führen die Finanzbehörden ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren selbstständig, müssen sie in gewichtigen Fällen die Staatsanwaltschaft auch bei der Prüfung der Frage einschalten, ob eine Selbstanzeige strafbefreiende Wirkung hat.
Hierdurch wird gewährleistet, dass die Staatsanwaltschaft die Wirksamkeit der Selbstanzeige selbst prüfen und das Verfahren erforderlichenfalls an sich ziehen kann.
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