Kein Spiel mehr

Dorothea Dieckmann führt nach Rom

  • Harald Loch
  • Lesedauer: 2 Min.

Warum nimmt sich eine Autorin, die Literatur und Philosophie studiert hat, etwas vor, was nicht aufgehen kann? Oder nur aufgehen könnte, wenn sie noch besser schreiben würde! Denn Dorothea Dieckmann verfügt durchaus über sprachliche Qualitäten. So konsequent und schnörkellos, wie sie erzählt, würde sogar diese Anordnung von drei Deutschen in Rom gelingen – wenn nicht der vierte keine ausgedachte, sondern die historische Person des Kriegsverbrechers Erich Priebke wäre.

Aber der Reihe nach: Ansgar Weber ist ein jüngerer Spiegel-Journalist. Dorothea Dieckmann zeichnet ihn voll schräger Verachtung als orientierungslosen Schwächling. Lydia Marin war eine erfolgreiche Schriftstellerin in Deutschland, ehe sie in Rom als Legende ihrer selbst untertauchte, verschwand und zum Objekt investigativer Nachforschungen wurde. Schließlich Walter Haymon, der es als homosexueller Kartenleser und Zukunftsansager auf den Plätzen von Rom zu einem gewissen Wohlstand gebracht hat. Weber soll im Auftrag des »Spiegel« über den Priebke-Prozess berichten, dessen ungeheuerlichen – vorläufigen – Ausgang, einen Freispruch, er schließlich verpasst. Anlässlich dieser Reportage-Reise will er Lydia Marin interviewen, von deren heimlicher römischer Existenz er über Ellinor, die Tochter seines Vorgesetzten Paul Just unter der Hand erfahren hatte. Das Interview findet auch statt, aber die Tonbänder des Gesprächs werden zerstört. Die Begegnung zwischen Ansgar Weber und Walter Haymon endet nach esoterischem Zwischenspiel nicht glimpflich.

Im Hintergrund lauert die literarische Katastrophe: Die Autorin projiziert die »Adriatischen Höhlen« aus der Vergangenheit in eine gegenwärtige Scheinwelt. In diesen »fosse adriatine« ermordeten im Jahre 1944 deutsche Besatzungstruppen auf höchsten Befehl 335 Italiener aus Rache für ein Attentat von italienischen Widerstandskämpfern. Maßgeblich beteiligt an diesem Massaker war Erich Priebke. Was treibt eine ernsthafte deutsche Autorin an, dieses historisch authentische Verbrechen in ein surreales Spiel um ausgedachte Figuren so einzubauen, als stünde es als Metapher für alles Mögliche?

So etwas könnte allenfalls aufgehen, wenn der Wechsel zwischen Fiktion und Geschichte literarisch beglaubigt würde. Wenn die Autorin – wie es z.B. Hans Magnus Enzensberger in seiner Romanbiografie »Hammerstein« gelungen ist – den Respekt vor der historischen Wahrheit und auch vor den ja noch lebenden Hinterbliebenen der Opfer nicht einer ungerechtfertigten komplizierten Konstruktion und einer aufgesetzt wirkenden »Spannung« preisgegeben hätte.

Dorothea Dieckmann: Termini. Klett-Cotta. 317 S., geb., 21,90 €.

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