Witwe darf befruchtete Eizelle austragen

Urteil des Rostocker Oberlandesgerichts

  • Lesedauer: 2 Min.
Der Wunsch einer Witwe, ein Kind von ihrem vor zwei Jahren gestorbenen Mann auszutragen, könnte sich nun doch erfüllen.

Rostock (epd/ND). Das Oberlandesgericht in Rostock verurteilte am Freitag eine Klinik dazu, der Witwe neun konservierte Eizellen herauszugeben, die vor dem Tod ihres Mannes mit dessen Samen befruchtet worden waren. Zwar sei es strafbar, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tod künstlich zu befruchten, befand das Gericht in zweiter Instanz. Im konkreten Fall sei der Samen aber schon vor dem Tod verwendet worden (Az: 7 U 67/09).

Das beklagte Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum in Neubrandenburg sagte dem epd auf Anfrage, es werde keine Revision beim Bundesgerichtshof einlegen. Es werde das Urteil jetzt prüfen und hoffe, dass mit dem Urteil die erforderliche Rechtssicherheit geschaffen wurde. Dann werde es die Eizellen an die Klägerin herausgeben.

In seiner Urteilsbegründung erklärte der Oberlandesgericht, der Samen sei bereits untrennbar von der Eizelle eingeschlossen worden. Deshalb könne nicht mehr von der Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tod gesprochen werden, wenn nun die konservierten Eizellen der Klägerin aufgetaut und die noch zu Lebzeiten des Mannes eingeleitete künstliche Befruchtung fortgesetzt wird.

Das Oberlandesgericht widersprach damit der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Neubrandenburg, wonach die Herausgabe der Eizellen gegen das Embryonenschutzgesetz verstoße.

In dem konkreten Fall handelt es sich um eine 29-jährige Frau, die auf Herausgabe ihrer tiefgefrorenen, befruchteten Eizellen geklagt hatte. Ihr Mann war 2008 bei einem Motorradunfall im Alter von 31 Jahren gestorben. Um sich seinen Kinderwunsch zu erfüllen, hatte das Ehepaar eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen. Beim zweiten Versuch waren im März 2008, nur wenige Monate vor dem Tod des Mannes, neun Eizellen »übrig« geblieben, die seither in der Klinik eingefroren sind.

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