Widerrufsrecht kann nicht ausgehebelt werden

Verbraucherzentrale Brandenburg

  • Lesedauer: 2 Min.

In Deutschland gibt es Millionen Singles, von denen so mancher auf der Suche nach einer längerfristigen Beziehung ist. Entsprechend vielfältig ist das Angebot von Partnervermittlungen. Es gibt Flirtportale und Partnerbörsen im Internet, die altbekannten Inserate in Tageszeitungen sowie klassische Partnervermittlungsinstitute. Die Erfahrungen der Verbraucherzentrale belegen: Das Geschäft mit den einsamen Herzen boomt! Angesichts der Vielfalt der Angebote ist es für jene, die einen Partner suchen, oftmals schwer, eine seriöse Partnervermittlung zu finden und sich vor versteckten Kostenfallen oder benachteiligenden Vertragsklauseln zu schützen.

Auch Frau H. sucht nach längerem Alleinsein einen Partner. Beim täglichen Zeitungsstudium fällt ihr die Anzeige eines 68-jährigen Arztes auf, der eine Bekanntschaft für gemeinsame Reisen sowie Konzert- und Theaterbesuche sucht. Sie meldet sich telefonisch unter der angegebenen Nummer. Dort meldet sich jedoch nicht der Arzt, sondern eine freundliche Frau, die sich kurzerhand zum Hausbesuch einlädt. Den Arzt könne Frau H. nur dann kennen lernen, wenn sie einen Vertrag unterzeichne. Für die »Erarbeitung, individuelle Auswahl sowie Übersendung von Freizeitkontaktvorschlägen« muss Frau H. eine Einschreibegebühr von 1000 Euro und als Vermittlungsgebühr 900 Euro, also insgesamt 1900 Euro bezahlen. Geld, das Frau H. nicht besitzt. Sie lässt sich auf eine Ratenzahlung von 100 Euro pro Monat ein, unterzeichnet einen Zahlungsplan. Außerdem setzte die Vertreterin auf den Vertrag den Zusatz, dass sie zur Vertragsgestaltung bestellt worden sei. Der Hintergrund dafür ist klar, hiermit soll das der Frau zustehende Widerrufsrecht ausgehebelt werden.

Diese Schilderung ist kein Einzelfall. Vergleichbar laufen derartige Sachverhalte – auch mit anderen Partnervermittlungen oder so genannten Freizeitklubs – vielfach ab. Gelockt wird mit individualisierten Partneranzeigen. Die darin beschriebenen Männer oder Frauen gibt es regelmäßig nicht. Bei Kontaktaufnahme durch interessierte Männer und Frauen wird kurzerhand ein Hausbesuch vereinbart und es werden Verträge unterzeichnet. Eine Widerrufsbelehrung – schließlich handelt es sich um Haustürgeschäfte – erfolgt in vielen Fällen nicht. Widerrufe von Kunden werden ohnehin nicht anerkannt, schließlich sei eine telefonische Bestellung des Vertreters durch den Verbraucher zum Zwecke der Vermittlung erfolgt.

Damit liegen die Partnerinstitute allerdings falsch.

In einem solchen Fall – wie geschildert – ist von einer so genannten provozierten Vertreterbestellung auszugehen, die das Widerrufsrecht des Verbrauchers gerade nicht ausschließt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -