»Heiliger Krieg« gegen Obamas Gesundheitsreform
Konservative Fundamentalopposition im US-Kongress
Der USA-Senat bereitet sich auf das Finale zur umstrittenen Gesundheitsreform vor, bevor sie Präsident Barack Obama zur Unterschrift vorgelegt wird. Dies kündigte der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Harry Reid, Mittwochnacht an. »Heute Nacht erfolgt der letzte Schritt auf dieser langen Reise«, sagte Reid. Er nannte die vom Haushaltsbüro des USA-Kongresses in den vergangenen Tagen errechnete Summe von 849 Milliarden Dollar, die der Gesetzesentwurf über eine Laufzeit von zehn Jahren kostet. 31 Millionen bisher unversicherte Amerikaner würden darin Versicherungsschutz erhalten. Darüberhinaus würde die von den Demokraten vorgeschlagene Reform das Haushaltsdefizit innerhalb einer Dekade um 127 Milliarden Dollar reduzieren, sagte Reid.
Obama, der auf die Verabschiedung einer historischen Gesundheitsreform bis Jahresende drängt, lobte die Ankündigung seines Parteikollegen mit den Worten: »Wir befinden uns näher als je zuvor an der Lösung dieser Probleme.« Obama hatte schon bei seiner Amtseinführung im Januar eine Gesundheitsreform zu seiner innenpolitischen Priorität erklärt.
Der Gesetzesentwurf enthält ein staatliches Krankenversicherungsprogramm, das von den Republikanern und der Versicherungslobby aufs heftigste bekämpft wird. Allerdings wird darin auch den einzelnen Bundesstaaten die Möglichkeit eingeräumt, diese »public option« auszuschließen.
An diesem Wochenende wird sich in Debatten und Probeabstimmungen herausstellen, ob die 58 demokratischen und zwei unabhängigen Senatoren für den Entwurf stimmen. Falls sich keine 60 Stimmen ergeben, können die oppositionellen Republikaner zukünftige Abstimmungen blockieren und die Debatte um die Gesundheitsreform endlos hinauszögern.
Die Konservativen betreiben gegen die Gesundheitsreform eine Fundamentalopposition. Senator Orrin Hatch aus Utah sprach beispielsweise von einem »heiligen Krieg«. Die Republikaner reden von einer »sozialistischen Regierungsübernahme« in Sachen Gesundheit. Seit Monaten agitieren rechte Medien, allen voran der Fernsehsender »Fox«, im Interesse der Versicherungsindustrie.
Die Vorschläge der Demokraten zur Gesundheitsreform bleiben dabei weit unter dem Niveau westeuropäischer Systeme, da sie vor einer allgemeinen staatlichen Krankenversicherung zurückschrecken. Die »public option« bleibt verwässert, da sie privaten Firmen den Vorzug lässt. Die Kontrolle der Kosten von Arzneimitteln und Versicherungspolicen bleibt schwach. Die Zuschüsse für Wenigverdienende, die einer Versicherungspflicht unterworfen wären, sind mager. Darüberhinaus fallen die Millionen von »illegalen« Arbeitern durch das Netz.
Nicht zuletzt bleiben Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch planen, finanziell auf sich allein gestellt. Für eine frauenfeindliche Gesetzgebung hatten sich in den vergangenen Wochen USA-Bischöfe stark gemacht. Unter dem Stichwort »Abtreibung« hatten sie auf Abgeordnete im Repräsentantenhaus Druck ausgeübt und in dessen Gesetzesentwurf durchgesetzt, dass der Versicherungsschutz nicht für Abtreibungen gilt.
Trotzdem wäre eine Reform, in welch verwässerten Form auch immer, gegenüber dem herrschenden Zustand ein Fortschritt. Für rund zwei Drittel der Unversicherten gäbe es Verbesserungen. Versicherungen könnten Aufnahmen nicht mehr so einfach mit dem Verweis auf »Vorerkrankungen« verweigern oder Kranken, die versichert sind, Behandlungen versagen.
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