Streit um des Kaisers Saal

Die Stadt Greifwald hat ein neues Konfliktthema: Wie soll die neue Festhalle heißen?

  • Velten Schäfer, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.
Greifswald ist die Stadt der Namenskonflikte: Während der Streit um den Uni-Patron Ernst Moritz Arndt auf einen neuen Höhepunkt zusteuert, soll in der Bürgerschaft um den Namen eines Festsaals gestritten werden.

Woher die Redewendung mit dem »Streit um des Kaisers Bart« kommt, ist nicht eindeutig geklärt. Die einen verweisen auf wenig sinnvolle Gelehrtendiskurse um die Frage, ob mittelalterliche Kaiser tatsächlich Bärte getragen hätten. Andere führen die international gebräuchliche Metapher vom Streit um den Bart eines Ziegenbocks als Ursprung an. Nicht umstritten ist dagegen die Bedeutung der Redewendung: Aufheben zu machen um etwas, das der Diskussion gar nicht wert ist.

Zwanzig Jahre Leerstand

Obwohl es ihm ebenfalls um den Kaiser geht, weist Marian Kummerow, Geschäftsführer der Linkspartei in Greifswald, den Vorwurf zurück, er wolle um des Kaisers Bart streiten. Drei Seiten lang sind seine Ausführungen, die einen Bürgerschaftsantrag begründen – in einer Sache, um die sich zu streiten lohne: Die Benennung des Großen Saals im früheren Kreiskulturhaus, das nach fast zwanzig Jahren Leerstand kurz vor der Wiedereröffnung als »Stadthalle« steht: Kaisersaal soll er heißen, zumindest wenn es nach Oberbürgermeister Arthur König (CDU) geht. Das will die Linkspartei verhindern.

Dazu bietet der Antrag einen Parforceritt durch die Geschichte des Wilhelminismus: Hochrüstung und Flottenpolitik werden angeführt, der Widerstand gegen jedwede Demokratisierungsbestrebung, eine Außenpolitik, die für eine »fundamentale Veränderung der Spannungs- und Konfliktstrukturen im europäischen Staatensystem« gesorgt habe, seine Mitverantwortung für den Ersten Weltkrieg und, nicht zuletzt, seine antisemitischen Ausfälle. Eines dieser Zitate hat der Linkspartei-Ratsherr Peter Multhauf kürzlich in einer Veranstaltung vorgetragen. Auch OB König sagte daraufhin, er missbilligte dieses Zitat – doch habe sich der Name Kaisersaal, wie der Raum von der Einweihung des Hauses 1914 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges geheißen hatte, bei der Bevölkerung schon wieder eingeprägt.

Dem allerdings widerspricht Kummerow: »Die Bezeichnung Kaisersaal ist gerade der älteren Bevölkerung nicht geläufig.« Vielmehr spreche diese einfach vom Großen Saal. Der Kaiser-Gegner ärgert sich darüber, dass der Name durch die Hintertür eingeführt werden solle: »Irgendwer hat wohl bei den Bauarbeiten damit angefangen, und jetzt soll es einfach so bleiben.« Formal gesehen handle es sich um eine Neubenennung, »denn die Namenskontinuität war ja 40 Jahre lang unterbrochen«.

Uni-Abstimmung im Januar

Also fordert Kummerow die Bildung einer Kommission, die vom Geschichtsprofessor Horst Wernicke geleitet werden soll. Gar nicht weit von der Stadthalle steuert indessen der andere Greifswalder Namensstreit auf einen weiteren Höhepunkt zu: Im kommenden Januar soll es eine Urabstimmung der Studierenden der Ernst-Moritz-Arndt-Universität über die Frage geben, ob der Name des nationalistischen Dichters mit antisemitischem Unterton nicht besser abzulegen wäre.

Die Initiative »Uni ohne Arndt«, die auch von Geschichts- und Literaturprofessoren unterstützt wird, hat dafür gut 1400 Unterschriften gesammelt. Da sich inzwischen eine »Pro Arndt«-Initiative gebildet hat, steht die Uni vor einem regelrechten Namens-Wahlkampf. Schon jetzt würden Anti-Arndt-Plakate abgerissen, berichtet Arndt-Gegner Sebastian Jabbusch. Zum Kaiser-Streit, sagt er, habe er allerdings keine Meinung.

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