Der ewige Landesvater
Kurt Beck (SPD) regiert Rheinland-Pfalz seit fünfzehn Jahren – er ist Deutschlands dienstältester Ministerpräsident
Mainz (dpa/ND). An Rhein und Mosel ticken die Uhren anders: Obwohl das ländlich geprägte Bundesland strukturell konservativ ist, hat Beck eine Landtagswahl nach der anderen gewonnen. Und auch 2011 will er sich im einzigen rein sozialdemokratischen Land der Republik erneut der Wiederwahl stellen. Der bärtige 60-Jährige aus dem südpfälzischen Steinfeld gilt als beliebter und bodenständiger Landesvater, der auch seinen Urlaub häufig in der Heimat verbringt.
Auf der Bundesbühne war der derzeit dienstälteste Regierungschef weniger erfolgreich: Als SPD-Chef trat er im September 2008 nach parteiinternen Verwicklungen zurück. Aber auch in Rheinland-Pfalz musste der gelernte Elektromechaniker in diesem Jahr Rückschläge hinnehmen. So sackte beispielsweise auch die SPD im eigenen Land bei der Bundestagswahl vor vier Wochen auf ein historisches Tief ab. Zudem macht Rheinland-Pfalz Schlagzeilen wegen der Nürburgring-Affäre, die als größte Krise in Becks Amtszeit gilt: Die Finanzierung des gut 300 Millionen Euro teuren Freizeitzentrums an der Rennstrecke in der Eifel mit privaten Investoren war spektakulär gescheitert. Die Regierung geriet in den Verdacht, auf Betrüger hereingefallen zu sein. Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) trat deshalb zurück. Nun nehmen die Staatsanwaltschaft Koblenz und ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in Mainz die Affäre unter die Lupe. Die Kardinalfrage: Warum zog Beck nicht früher die Notbremse?
Eine lange Liste mit »Besonderen Ereignissen in der Amtszeit von Ministerpräsident Kurt Beck« aus Anlass des Jubiläums verschickte am Freitag sein Regierungssprecher Walter Schumacher. Beispielsweise sprach Beck demnach 1997 vor dem UN-Abrüstungsausschuss in New York. Die »Saumagenverleihung« durch die Karnevalsgesellschaft »Schlotte« im pfälzischen Schifferstadt stand 1998 in Becks Terminkalender. Im Folgejahr empfing der Sozialdemokrat US-Präsident Bill Clinton in Ingelheim bei Mainz. 1999 wurde Beck Vorsitzender des ZDF-Verwaltungsrats und 2004 »Weinritter« der Stadt Oppenheim. 2005 reiste der Ministerpräsident zu einer Privataudienz bei Papst Benedikt XVI. Der rege Wechsel von hochpolitischen und bunten Terminen in Becks Kalender hält auch in diesem Jahr an. Im Mai beispielsweise steuerte der verheiratete Südpfälzer, der einen Sohn hat, eine Dampflokomotive in Gerolstein in der Eifel. In der kommenden Woche hingegen ist Beck Gastgeber der Ministerpräsidentenkonferenz in Mainz. Bei dem »Familientreffen« (O-Ton Schumacher) wird auch Bundespräsident Horst Köhler wieder in der Landeshauptstadt erwartet.
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