Neubauten gegen drohende Engpässe
Baubranche und IG BAU stellten gemeinsame Initiative gegen Wohnungsmangel vor
Es ist der Auftakt einer ungewöhnlichen Partnerschaft. Zum ersten Mal schließen sich HDB, ZDB und IG BAU zu einer gemeinsamen wirtschaftspolitischen Initiative zusammen. Ziel derer ist es, den Wohnungsbau in Deutschland voranzubringen. In den vergangenen Jahren habe sich der Schwerpunkt vom Bau neuer Wohnungen auf die Modernisierung und Sanierung von Wohnungsbeständen verlagert, sagte HDB-Präsident Herbert Bodner vor Journalisten.
Die Zahl der neu erstellten Wohnungen lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahr 2008 bei 155 820. Vier Jahre zuvor wurden noch rund 100 000 Wohnungen mehr fertiggestellt.
Bodner warnte vor Wohnungsengpässen, wie sie sich schon jetzt in einigen Ballungszentren abzeichneten. In Städten wie München, Frankfurt am Main oder Düsseldorf etwa gebe es Mietsteigerungen um 7 bis 9 Prozent, so der HDB-Präsident sinngemäß. Im Schnitt steigen die Mieten nach seinen Angaben bundesweit derzeit um rund ein Prozent.
»Wir brauchen in der nächsten Legislaturperiode eine Neuausrichtung der Wohnungsbausförderung. Neben die erfolgreiche Förderung der Wohnungsmodernisierung muss künftig auch die Förderung des Abrisses und Neubau von Ersatzwohnungen treten«, so Bodner. Besonders Wohnungen, die in der Phase des Wiederaufbaus nach dem Krieg errichtet wurden, verfügten oft über schlechte Wärmedämmung, zu niedrige Raumhöhen, ungünstige Wohnungszuschnitte oder Mängel im Schallschutz. Sie seien zum Teil daher nicht mehr sanierungswürdig. Bodner geht von einem jährlichen Ersatzbedarf von mindestens 100 000 Einheiten aus. ZDB-Präsident Hans-Hartwig Loewenstein nannte als weiteres Argument zur Ankurbelung des Wohnungsbaus den Anstieg der privaten Haushalte bis zum Jahr 2020 und die gleichzeitig anhaltende Nachfrage nach mehr Wohnraum pro Person.
Die Initiative fordert deshalb, dass dem Wohnungssanierungsprogramm der Kreditanstalt für Wiederbau (KfW) ein Kreditprogramm zum Abriss nicht mehr sanierungswürdiger Mietwohnungen und zum Ersatzneubau zur Seite gestellt wird. Dieses Programm solle darüber hinaus mit Maßnahmen der Städtebauförderung wie »Die soziale Stadt«, »Innenentwicklung« und »Stadtumbau« kombiniert werden, so Bodner. So könne auch die Behebung städtebaulicher »Sünden« aus den 60er- und 70er Jahren in Angriff genommen werden.
Der HDB-Präsident hält eine Kofinanzierung durch die Bundesländer für denkbar, die »für ein solches Programm einen Teil jener 518 Millionen Euro einsetzen könnten, die sie seit 2007 jährlich aus der Kasse des Bundes als Ausgleich für den Wegfall der sozialen Wohnraumförderung erhalten«.
Der IG-BAU-Vorsitzende Klaus Wiesehügel forderte die politischen Entscheidungsträger beim Bund, aber auch in den Ländern, dazu auf, die staatlichen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau zu verbessern. »Im Mietwohnungsbau sind angesichts schwacher Renditen höhere Abschreibungssätze erforderlich«, so der Gewerkschafter, und weiter: »Mit dem Neubau von Mehrfamilienhäusern ist eine mit anderen Anlageformen vergleichbare Rendite nicht zu realisieren. Deshalb muss der Abschreibungssatz in den ersten Jahren von derzeit 2 auf 4 Prozent verdoppelt werden.« Dazu komme der beschäftigungspolitische Effekt: »Nicht zuletzt schaffen 10 000 zusätzliche Wohnungen jährlich auch Beschäftigung für rund 30 000 Arbeitnehmer«, so Wiesehügel.
Die IG BAU setzt sich seit Jahren für einen Ausbau der energetischen Gebäudesanierung ein. Wiesehügel forderte die politisch Verantwortlichen daher auf, die Förderanstrengungen zu intensivieren, um eine energetische Sanierungsrate von 2 bis 3 Prozent zu erreichen. »Die Zuschüsse sollten auf mindestens 2 Milliarden Euro jährlich aufgestockt werden.« Wiesehügel verlangte zudem einen deutlichen Ausbau der Förderanreize für altengerechtes Wohnen. Die aktuelle Ausstattung eines entsprechenden Programms mit 80 Millionen Euro in 2008 sei »viel zu gering«. Unter dem Strich fielen die gesellschaftlichen Kosten erheblich niedriger aus, wenn ältere Menschen möglichst lange »in ihren eigenen vier Wänden leben können«.
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