Müssen Nutzer nach Ende der (alten) Verträge Bungalows abreißen?
Wochenendgrundstücke / Nutzungsrecht
Nach § 296 Abs. 2 ZGB konnte bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses und der Vereinbarung eines neuen Vertragsverhältnisses das Eigentum an der Baulichkeit durch schriftlichen Vertrag auf den nachfolgenden Nutzungsberechtigten übertragen werden. Das ZGB orientiert also nicht auf den Abriss der Baulichkeit zu Vertragsbeendigung, wie es alte Verträge teilweise vorsahen, sondern auf deren Erhaltung und Übertragung auf den Nachnutzer.
Denn § 296 Abs. 1 ZGB gewährleistete unabhängig vom Eigentum am Boden ein gesondertes Eigentum des Nutzers an den von ihm errichteten Baulichkeiten. Es heißt dort: »Wochenendhäuser sowie andere Baulichkeiten, die der Erholung, Freizeitgestaltung oder ähnlichen persönlichen Bedürfnissen dienen und in Ausübung eines vertraglich vereinbarten Nutzungsrechts errichtet wurden, sind unabhängig vom Eigentum am Boden Eigentum des Nutzungsberechtigten, soweit nichts anderes vereinbart ist.«
Eine weitere wichtige Frage ist die der Befristung von Nutzungsverträgen für Erholungsgrundstücke, die vor dem Inkrafttreten des ZGB vereinbart wurden. Diese Verträge sind nach den Bestimmungen des ZGB der DDR zu behandeln, denn ihre Geltungsdauer ist seither nicht mehr befristet.
Die Nutzungsrechtsverhältnisse für Erholungsgrundstücke werden im Zivilgesetzbuch im besonderen Kapitel 5 »Nutzung von Bodenflächen zur Erholung« geregelt. Entsprechende Aussagen sind in den §§ 312 ff enthalten. Sie betreffen z. B. die Errichtung von Wochenendhäusern und Baulichkeiten, die der Erholung dienen (§ 313) sowie die Beendigung eines Nutzungsverhältnisses einschließlich der Kündigungsfristen (§ 314).
Wenn der Nutzer ein Wochenendhaus oder eine Garage errichtet hat, durfte das Nutzungsverhältnis gegen seinen Willen nur durch eine gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden.
Ebenso wurden die Entschädigungsfragen geregelt. Endete das Nutzungsverhältnis, so hatte der Nutzungsberechtigte die Bodenfläche in einem ordnungsgemäßen Zustand zurückzugeben. Wertverbesserungen waren dem Nutzer zu entschädigen.
Bei Kündigung aus dringendem Eigenbedarf war der Überlassende sogar verpflichtet, auf Verlangen des Nutzungsberechtigten von ihm errichtete Baulichkeiten oder Anpflanzungen durch Kauf zu erwerben. Die gesetzlichen Regelungen des ZGB enthielten also keinerlei Verpflichtungen zum Abriss bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses.
Diese Regelungen wurden mit ihrer Übernahme in den Einigungsvertrag und andere gesetzliche Bestimmungen durch den Bundestag bzw. die Bundesregierung als rechtsstaatliche Regelungen akzeptiert, so insbesondere im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB).
Im Artikel 232 EGBGB zum Recht der Schuldverhältnisse heißt es im § 4 Abs. 1 zur Nutzung von Bodenflächen zur Erholung: »Nutzungsverhältnisse nach den §§ 312 - 315 des Zivilgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik auf Grund von Verträgen, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschlossen worden sind, richten sich weiterhin nach den genannten Vorschriften des Zivilgesetzbuches. Abweichende Regelungen bleiben einem besonderen Gesetz vorbehalten.«
Diese besonderen Regelungen zur Nutzung von Bodenflächen für Erholungszwecke wurden vom Bundestag im Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG) beschlossen, welches am 1. Januar 1995 in Kraft trat. In diesem Gesetz finden sich auch die Regelungen zur Beendigung des Nutzungsverhältnisses und zum Eigentumserwerb an Baulichkeiten (§ 11), zur Entschädigung für das Bauwerk (§ 12) sowie zur Beseitigung des Bauwerkes und zu den Abrisskosten (§ 15). Danach ist der Nutzer bei Vertragsbeendigung zur Beseitigung eines nach den Rechtsvorschriften der DDR errichteten Bauwerks nicht verpflichtet.
Er hat jedoch die Hälfte der Kosten für den Abbruch des Bauwerkes zu tragen, wenn er das Nutzungsverhältnis selbst kündigt und der Abbruch der Bauwerke innerhalb eines Jahres nach der Rückgabe des Grundstücks vorgenommen wird.
Alle Vereinbarungen in Verträgen zur Nutzung von Erholungsgrundstücken, die vor dem Inkrafttreten des ZGB der DDR oder noch danach bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 abgeschlossen wurden, in denen ein Abriss der Baulichkeiten bei Vertragsende durch den Nutzer vorgesehen war, sind durch die genannten späteren Regelungen gegenstandslos geworden.
Allerdings ist folgendes zu beachten: Nach § 15 Abs. 2 des SchuldRAnpG sind die Sondervorschriften des § 15 Abs. 1 und 2 über den Abriss von Bauwerken nicht mehr anzuwenden, wenn das Vertragsverhältnis nach Ablauf des 31. Dezember 2022 endet. Dann ist der Nutzer auf Grund der nun geltenden Vorschriften des Miet- und Pachtrechts des BGB zum Abriss der Baulichkeiten auf eigene Kosten verpflichtet, sofern der Eigentümer diese nicht übernehmen will. Bis zum 2. Oktober 2015 hat der Nutzer differenzierten Kündigungsschutz (§ 23 Abs. 1 bis 3 Schuldrechtsanpassungsgesetz). Nutzern, die am 3. Oktober 1990 bereits 60 Jahre alt waren, ist eine ordentliche Kündigung durch den Grundstückseigentümer ausgeschlossen (§ 23 Abs. 5 SchuldRAnpG).
Für diese Zeit nach dem 2. Oktober 2015 bis zum 3. Oktober 2022 sieht das Gesetz allerdings eine sogenannte Investitionsschutzfrist vor. In dieser Zeit muss der Grundstückseigentümer, wenn er den Vertrag kündigt, den Nutzer noch nach dem Zeitwert der Baulichkeiten entschädigen, später nur, soweit der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk zum Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist (§ 12 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SchuldRAnpG).
Betroffenen Nutzern ist zu empfehlen, bei Fachanwälten oder einschlägigen Vereinen und Verbänden Rat einzuholen.
WERNER KOCH,
Vizepräsident des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Nutzer von Erholungsgrundstücken
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