In der unheimlichen Lounge der Lætitia Sadier

Lætitia Sadier singt beklemmende Easy-Listening-Songs

  • Benjamin Moldenhauer
  • Lesedauer: 3 Min.
Nein, wir machen es uns weder leicht noch gemütlich: Lætitia Sadier
Nein, wir machen es uns weder leicht noch gemütlich: Lætitia Sadier

Wohlklang und Klassenkampf: Die britische Band Stereolab nahmen in den Neunzigern den damals virulenten Easy-Listening-Hype auf und fusionierte ihn mit linksradikalen Songzeilen. »I’ve been told it’s a fact of life / Men have to kill one another / Well I say there are still things worth fighting for«, hieß es im größten Hit der Band, »La Resistance«.

Fusionen auch sonst auf anderen Ebenen – Verbindungen und Mischungen. Stereolab zogen gerne alles in ihr Universum hinein, was Wohlklang, Stylishness und Hipster-Fachwissen abstrahlte: Kraut, Kraftwerk und Neu! Electronica, Lounge, Triphop, La Monte Youngs Theatre of Eternal Music, minimalistischer Rock ohne Ornamente, Minimalismus generell und dazu eigentlich alles, was blubbert, obskure und nicht-so-obskure Chanson-Traditionen, aber auch britische Experimentalmusik; eines der schönsten Stereolab-Alben ist zusammen mit dem Industrial-Dada-Projekt-Nurse with Wound entstanden.

Man kann das als Hinführung zur neuen Soloplatte der Stereolab-Sängerin Lætitia Sadier nehmen, einfach weil Sadier auf ihrem inzwischen fünften Album den, wie man so sagt, ästhetischen Ansatz ihrer ehemaligen Band rigoros weiterführt. Weniger gewunden formuliert: Die Musik, die Sadier im Alleingang produziert, klingt ziemlich exakt wie die von Stereolab, auch in ihrer Vielfalt und der sich durch alles ziehenden Relaxtheit. Man schwebt mit dieser Musik gleichsam bekifft und ohne jeden Funken social anxiety über eine Cocktail-Party, auf der ausschließlich liebe, interessante, politisch kluge und lustige Menschen zu Gast sind.

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Auf »Rooting for Love« außerdem wieder sehr präsent ist der eingangs angetippte Gegensatz von Wohlklang und Songtexten, die so gar nicht loungig sind. Man kann sie, zumindest als Nicht-Brite, der den Gesang einfach als weitere Klangfarbe integrieren kann, auch ignorieren. Dann klingt »Rooting for Love« vor allem einfach schön und entertaining in seiner kaleidoskopartigen Vielfältigkeit. Hört man aber genauer hin, wird es finster. Die Songtexte von Stereolab waren makropolitisch ausgerichtet und popmarxistisch informiert. Auf »Rooting for Love« geht es immer wieder in den Nahbereich und entfaltet von dort aus beklemmende Potenziale.

»Don’t Forget You’re Mine« erzählt im Rahmen eines pluckernden Easy-Listening-Chansons vom Mann einer erfolgreicheren Frau und von der Eifersuchtsattacke eines fragilen Egos, das sich zurückgesetzt fühlt: »Not just a famous linguist’s wife / Just don’t forget you’re mine«. Sie kommt spät nach Hause, er bildet sich ein, dass sie eine Affäre hat und dann eskaliert es. »Don’t Forget You’re Mine« wird zu einem Easy-Listening-Song, der von einem Femizid berichtet: »A good slap is what you need / A good slap is what you want / Take that, takе that / Get up, and get up, and get up, and gеt up, and«.

Von diesen irritierenden Verschaltungen von Wohlklang und Schrecklichem findet man einige auf »Rooting for Love«. Lounge, aber als Ästhetik des Unheimlichen.

Lætitia Sadier: »Rooting for Love« (Duophonic Super 45/Cargo)

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