Urlaub im Schnee: Riesenspaß ohne Riesenschaden

Skitourismus ist auch in Zeiten der Klimakrise möglich, aber nicht mehr als rücksichtslose Massenbespaßung

  • Melanie Jaeger-Erben
  • Lesedauer: 3 Min.

Zunächst eine Beichte: Ich war letzte Woche mit den Kindern Skifahren und es war ein Riesenspaß. Auf eine solche Aussage gibt es meist zwei Sorten von Reaktionen: Empörung darüber, dass ich so etwas in der heutigen Zeit überhaupt noch mache, oder Verwunderung, dass ich was so Normales wie Skifahren im Winter ›beichten‹ muss. Erstere Reaktion rührt daher, dass vor dem Hintergrund des hohen gesellschaftlichen Umweltbewusstsein bestimmte Freizeit- und Urlaubsformen, die jahrzehntelang sozial akzeptiert waren, zunehmend hinterfragt und kritisierbar werden.

Das ist im Fall des Skifahrens nicht unberechtigt, denn der Riesenspaß beim Pistenbezwingen im Winterwonderland erzeugt hohe sozial-ökologische Kosten. Oberflächlich betrachtet verkörpert Skifahren den Inbegriff von Freizeit und Abenteuer. Unterhalb der glänzenden Oberfläche kommt viel Zerstörung in den Skigebieten zum Vorschein: kaputte Ökosysteme, Bodenerosion, Waldrodung, immenser Wasser- und fossiler Energieverbrauch bei der Beschneiung ... Der Fußabdruck der Skiindustrie reicht weit über die Pisten hinaus. Zudem übt der Zustrom von Tourist*innen durch überfüllte Straßen, überlastete Infrastruktur, erhöhte Abfallproduktion und steigende Lebenshaltungskosten einen hohen Druck auf die Gemeinden aus.

Gleichzeitig habe ich selten so viele rotwangige Menschen auf einem Haufen gesehen, die sich mit großer Freude und meist großer Rücksichtnahme an der frischen Luft bewegen. Und: Ist der Wunsch, Anfang Februar der nassgrauen Großstadt zu entfliehen und sich im Bergpanaroma ein paar Tage auszutoben, nicht verständlich?

Melanie Jaeger-Erben

Prof. Melanie Jaeger-Erben lehrt Technik- und Umweltsoziologie an der Brandenburgischen TU Cottbus-Senftenberg.

Auch im Umweltbereich gibt es einen Optimierungsdrang, die Suche oder gar Sucht danach, ökologisch alles richtig zu machen, um sich moralisch auf der sicheren Seite zu glauben und anderen Fehlverhalten vorwerfen zu können. Das kann das Gewissen beruhigen, es kompensiert aber nicht jeden Verzicht auf Spaß. Es geht mir hier nicht darum, die negativen Wirkungen des Skifahrens herunterzuspielen. Vielmehr gibt es im Alltag oder in der Freizeit immer wieder Handlungen, die gut und schlecht oder richtig und falsch gleichzeitig sind – bei denen es keine eindeutig gute Lösung gibt. Verzicht ist zwar möglich, aber nicht zwingend die beste Option.

In vager Anlehnung an Karl Polanyi lässt sich Skifahren als ein Fall »negativer Freiheit« bezeichnen: Wer die Freiheit hat, sich die Kosten für den Spaß leisten zu können, erzeugt gleichzeitig gesellschaftliche und ökologische Kosten, die meist andere tragen müssen. So muss es aber nicht bleiben. Skifahren als Betätigung ist nicht per se sozial-ökologisch bedenklich, es wird durch das Skifahren als Geschäftsmodell dazu gemacht. Wenn im Vordergrund steht, möglichst viele Menschen möglichst schnell und oft die Berge hoch und runter zu bugsieren, um sie abends die unzähligen Bars und Restaurants überfüllen zu lassen, ist es nicht weit zu zerfurchten Landschaften und überbeanspruchten sozialen wie Ökosystemen. Konzepte für nachhaltigen Skitourismus gibt es genug, sie bedeuten aber eine Abkehr von Massenbespaßung, (Kunst)Schneegarantie und flächendeckender Skiliftversorgung. Nur so kann der Riesenspaß auch ohne Riesenschaden erhalten bleiben.

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