Wohnungspolitik in Berlin: Bauen ohne Sorgen

Der Senat will die Bauordnung ändern, um schneller voranzukommen – und erntet dafür Kritik

Es geht um 340 neue Wohnungen in Marienfelde – aber auch um viel mehr. Für das Wohnquartier Mariengrün am südlichen Rand der Stadt hat der Senat eine Änderung des Berliner Flächennutzungsplans auf den Weg gebracht. »Ich glaube, ich muss nicht lange erklären, dass Wohnungsnot in der Stadt Wohnungsbau erforderlich macht«, erklärt SPD-Bausenator Christian Gaebler nach der Sitzung des Senats am Dienstag. Durch das Projekt in Tempelhof-Schöneberg wolle das Land »für viele Menschen ein neues Zuhause schaffen«.

Im Mariengrün soll eine Dreiteilung für optimale Nutzung der Fläche sorgen: Während im Norden Wohnungsbau vorgesehen ist, soll im Süden eine Schule entstehen. Zwischen beiden Abschnitten werde ein vorhandenes Wäldchen abgesichert, so Gaebler. »Insofern sehen Sie, dass wir das machen, was wir immer bei integrierter Stadtentwicklung machen wollen: Es gibt Wohnungsbau und es gibt Grünpotenziale.« Im Bereich des Wohnungsneubaus sei zudem eine Kindertagesstätte geplant. Verantwortlich für die Umsetzung ist die städtische Wohnungsbaugesellschaft Degewo.

Doch um das derzeit noch als Grünfläche im Grundflächennutzungsplan festgeschriebene Areal entsprechend bebauen zu können, braucht es nun die Änderung des Flächennutzungsplans. Unter »umfangreicher Beteiligung der Öffentlichkeit«, so Gaebler, sei der Schritt vorab geprüft worden. »Auch Umweltaspekte wurden betrachtet.« Die Bauarbeiten am Mariengrün sollen 2026 beginnen, bis 2025 rechnet der Senator mit der Änderung des Baurechts.

Für die kommenden Monate plant der Senat, insgesamt 40 Projekte mit 30 000 neuen Wohneinheiten zu starten. Die selbst gesteckte Marke von 20 000 neuen Bleiben pro Jahr wird 2023 laut Gaebler allerdings erneut verfehlt. Das gelte voraussichtlich auch für die 5000, die jährlich als Sozialwohnungen geschaffen werden sollen. Abhängig sei dies von der Ausschöpfung des Fördervolumens: »Wir gehen davon aus, dass wir mit den Förderregelungen ein attraktives Angebot machen und die 5000 perspektivisch erreichen.«

Änderungen in der Bauordnung sollen nach Vorstellung des Senats künftig dabei helfen, Neubauprojekte voranzutreiben. »Wir wollen in der Bauordnung vor allem mehr Raum und Erleichterung für klimagerechtes Bauen«, führt der Bausenator aus. So sollen die Hürden für Holzbau gesenkt und Photovoltaikanlagen insbesondere auf Hochhäusern »weitestgehend genehmigungsfrei« ermöglicht werden. Auch die Konstruktion von Gründächern samt Regenwassermanagement plant der Senat zu erleichtern.

Kritik an den Plänen kommt aus den Reihen der Naturschutzorganisation BUND. Die Äußerungen des Bausenators, der in der Berücksichtigung ökologischer Themen Doppelarbeit erkenne, seien irreführend. Eine Novelle der Bauordnung müsse zwingend die Anforderungen des Klimaschutzes erfüllen, auch aus ökonomischer Sicht. »Jede Maßnahme, die diesbezüglich für eine kurzfristige Kosteneinsparung gestrichen wird, führt zwangsläufig zukünftig zu erheblichen Mehrkosten«, wird BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser zitiert.

Der Berliner Mieterverein hingegen stößt sich an den Plänen zum Bau von Sozialwohnungen: Der Senat habe den Anteil der theoretisch Berechtigten erhöht, obwohl bereits die vergangene Anhebung der Einstiegsmiete nur für einen kleinen Teil der Betroffenen bezahlbar gewesen sei. »Wer sich die hohen Einstiegsmieten leisten kann, wurde jedoch noch nicht erhoben«, kritisiert Chefin Ulrike Hamann. »Der Senat weiß also nicht, für wen die Wohnungen zur Verfügung stehen.« Im vergangenen Jahr habe man zudem nur 2747 geförderte Wohnungen statt 5000 errichtet.

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