Russische Bomber mit dänischem Kerosin

Urteil gegen Unternehmen, die EU-Sanktionen gegen Syrien umgangen haben sollen

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

In Syrien wird noch immer gemordet. Systematisch, Tag für Tag. Zehn Jahre dauert der Krieg nun schon, doch zunehmend hat man den Eindruck, dass er sich im Nichts verläuft. Das Kämpfen scheint »entschleunigt«, die Reste der militärischen Opposition gegen das Regime von Baschar Hafiz al-Assad sind kraftlos und eingeschlossen. Der Diktator in Damaskus führt die Zügel wieder fester. Auch die Tatsache, dass Russland, von Assad gebeten, sowie die USA und die Türkei weiter wichtige Stellungen auf syrischem Territorium besetzt halten, scheint global akzeptiert. Gerade so, als sei das Grauen bereits überstanden, bilanzieren Hilfsorganisationen das Ausmaß des bisherigen Grauens: Mehr als eine halbe Million Menschen kamen um, 13 Millionen Syrer mussten ihre Heimat verlassen. Knapp die Hälfte der Geflüchteten sucht Schutz im Ausland.

Obgleich es zu früh ist, einen Strich unter das Morden in und um Syrien zu ziehen, so muss der Blick auf die gerichtet werden, die wirtschaftlichen Gewinn aus dem Krieg gezogen haben. Dazu gehört die russische Verteidigungsindustrie. Sie nutzt Syrien als Testgebiet für Waffen und Gerät aller Art. Am 30. September 2015 hatte der Föderationsrat des russischen Parlaments – auf die Bitte von Präsident Wladimir Putin – grünes Licht für den Militäreinsatz gegeben. Noch am selben Tag hoben russische Kampfjets vom Luftwaffenstützpunkt Hmeimim nahe des syrischen Latakias ab. Sie bombardierten Stellungen all jener Rebellengruppen, die den verbliebenen Bastionen des Assad-Regimes gefährlich nahegekommen waren. Darunter waren auch Stellungen der Terrororganisation Islamischer Staat und von Al-Qaida. Bereits im November 2015, so gab das Verteidigungsministerium in Moskau bekannt, seien 69 russische Kampfflugzeuge in Syrien eingesetzt gewesen. In den folgenden Jahren wurden immer wieder neue Jets sowie Hubschrauber stationiert und im Kampfeinsatz getestet.

Zur Versorgung seiner Truppen hatte Moskau mehrere Luftbrücken errichtet. Russlands Marine brachte Nachschub vor allem aus russischen Schwarzmeerhäfen nach Syrien. Die Nato registrierte dabei sorgsam jeden neuen Transport, der durch den Bosporus lief. Dabei fiel Experten auf, dass kaum Tankschiffe im Einsatz waren. Woher kam dann das Kerosin, das die russischen und auch die wenigen eingesetzten syrischen Kampfjets brauchten?

Aus syrischen Quellen konnte man den Bedarf nicht decken. Die waren in der Hand von Rebellen, die das Erdöl auf eigene Rechnung verkauften. Unter Präsident Donald Trump schickten die USA später Spezialtruppen zur Kontrolle der Fördergebiete von Deir Ez-Zor und Al-Hasaka aus. Notwendige Raffinerien zur Aufbereitung des Erdöls hatte das Assad-Regime ebenfalls nicht zur Verfügung.

Eine Antwort findet sich in einem Gerichtsurteil, das am Dienstag im EU-Mitgliedsland Dänemark gegen zwei dänische Firmen gesprochen wurde. Das Verfahren gegen die Dan-Bunkering und deren Muttergesellschaft Bunker Holding war spektakulär, weil bislang zwar weltweit Verbote gegen Syriengeschäfte erlassen, doch nur wenige Embargobrecher angeklagt wurden. Die nun in Odense gegen die Firmen ausgesprochen Geldstrafen sowie der Einzug der Gewinne lagen weit unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Auch mit dem Urteil gegen den Vorstandsvorsitzenden, Keld R. Demant, war die Anklage nicht zufrieden. Der erhielt lediglich vier Monate Haft – auf Bewährung.

Grund für die Anklage war ein mutmaßlicher Verstoß gegen EU-Sanktionen. Die Unternehmen sollen zwischen 2015 und 2017 mit zwei russischen Partnern aus Kaliningrad Verträge über die Lieferung von Kerosin abgewickelt haben. Nachgewiesen scheint, dass so insgesamt 172 000 Tonnen Flugzeugsprit auf kriminelle Art nach Syrien gelangten.

Die Deals liefen im Mittelmeer. Dan-Bunkering belud Tanker in griechischen, türkischen und in zypriotischen Häfen. Dann stellte man das AIS-Ortungssystem der Schiffe aus. Auf hoher See wurde die Fracht in die Tanks eines anderen Schiffes umgepumpt. Das legte im syrischen Hafen Baniyas an. Von dort sind es nur wenige Kilometer bis zum russischen Luftwaffenstützpunkt, weshalb das Gericht mit hoher Sicherheit davon ausging, dass das »dänische« Kerosin in die Tanks russischer Bomber gelangte. Das Gericht geht davon aus, das so rund 30 000 Einsätze möglich wurden, bei denen auch syrische Zivilisten attackiert sowie Krankenhäuser und Schulen zerstört wurden.

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