Rechtsstreit um »umfassende Modernisierung«

Miethöhe bei Neuvermietung

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Der Vormieter hatte für die rund 85 Quadratmeter große Wohnung in Berlin monatlich eine Nettomiete von 485 Euro gezahlt. Als das Ehepaar X. im Jahr 2016 die Wohnung mietete, lag die Nettomiete bei 1199 Euro (pro Quadratmeter waren das 13,99 Euro). Vor dem Einzug der neuen Mieter war die Wohnung gründlich renoviert worden: Der Einbau einer Küche wurde vorgenommen, Bad und Küche wurden gefliest, auch die Elektrik ist erneuert worden etc.

Dennoch fand das Ehepaar, dass eine derart massive Mieterhöhung gegen die gesetzlichen Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe verstößt. Der damalige Hintergrund: In Bereichen mit »angespanntem Wohnungsmarkt« wie es nun einmal in Berlin sich darstellt, darf die Nettokaltmiete die ortsübliche Vergleichsmiete höchstens um zehn Prozent übersteigen, wenn eine Wohnung neu vermietet wird (Verweis auf Paragraf 556 d des Bürgerlichen Gesetzbuches).

Doch die Vermieterin pochte darauf, diese Beschränkung gelte nicht für Neubauten und für die Neuvermietung »umfassend modernisierter« Wohnungen. Also auch nicht für die Wohnung des Ehepaares X. Vor Gericht ging es im Wesentlichen um die Frage, ob das Kriterium »umfassend modernisiert« hier zutraf und die Vermieterin tatsächlich nicht an den damals geltenden »Mietendeckel« gebunden war.

Der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 369/18) hatte zwar den konkreten Rechtsstreit nicht abschließend entschieden. Die Richter in Karlsruhe stellten aber grundsätzlich klar, wie »umfassende Modernisierung« zu verstehen ist:

Erstens müssten Kosten und Bauaufwand erheblich sein, das heißt, sie müssten mindestens ein Drittel des finanziellen Aufwands erreichen, der für eine vergleichbare Neubauwohnung anfallen würde.

Zweitens müsse dieser Aufwand den baulichen Zustand qualitativ verbessern. Das Ergebnis der baulichen Maßnahmen müsse ein Zustand der Wohnung sein, der tatsächlich dem eines Neubaus im Wesentlichen entspreche. Das betreffe in erster Linie die Ausstattung mit Heizung, Sanitäreinrichtungen, Fenster, Fußböden und energetische Eigenschaften.

Beide Kriterien für umfassende Modernisierung - wesentlicher Bauaufwand und verbesserter Zustand - seien in diesem Zusammenhang von gleichem Gewicht. In die Berechnung des wesentlichen Bauaufwands dürften zudem nur Kosten einfließen, die für Modernisierungsmaßnahmen ausgegeben wurden. Maßnahmen der Instandhaltung zählten dabei nicht.

Der konkrete Fall wurde an das Landgericht zurückverwiesen. Das müsse klären, wie sich in diesem Fall die Kosten auf Modernisierung und Instandhaltungsmaßnahmen verteilt hätten. Darüber hinaus sei auch zu prüfen, ob der bauliche Zustand der Wohnung den Standard einer Neubauwohnung erreiche. OnlineUrteile.de

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