Taliban erobern Kundus

Mittlerweile vier Provinzhauptstädte im Norden Afghanistans unter Kontrolle der Islamisten

Ein Konflikt? Ein Desaster? Ein Bürgerkrieg? Nachdem im Norden Afghanistan die strategisch wichtige Stadt Kundus, in der mehr als zehn Jahre lang deutsche Soldat*innen und Polizist*innen stationiert waren, am vergangenen Wochenende wieder in die Hände der Taliban gefallen ist, ringt die deutsche Politik damit, die Lage zu benennen.

Das Auswärtige Amt sieht eine zunehmende Verschlechterung der Sicherheitslage in Afghanistan und die Situation entwickle sich »rasant«, zitiert die Deutsche Presseagentur einen Sprecher. »Auch mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen wird derzeit eine Aktualisierung des Asyllageberichts vorbereitet«, heißt es. Der aktuelle Asyllagebericht des Auswärtigen Amts stellt zwar eine stärkere Gefährdung bestimmter Gruppen durch den Vormarsch der Taliban fest, aber keine generelle Gefährdung von Rückkehrern. Er bildet allerdings den Stand im vergangenen Mai ab – also kurz vor dem Beginn des Abzug der ausländischen Truppen.

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Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), warnte in der »Frankfurter Allgemeine Zeitung« vor einem internationalen Desaster und sieht auch die afghanische Hauptstadt Kabul gefährdet. Bereits am Samstag hatte die Botschaft der USA in Kabul US-Bürger*innen dazu aufgerufen, Afghanistan umgehend zu verlassen. Der an der Bundeswehr-Universität in München tätige Verteidigungsexperte Professor Carlo Masala ordnete diese Warnmeldung via Twitter als das afghanische Saigon ein und spielte damit auf den US-Truppenabzug am Ende des Vietnamkrieges 1975 an. Noch ist die US-Militärpräsenz im Land gegeben. Doch konnte auch das Bombardement aus B-52-Bombern die Übernahme von Kundus nicht verhindern. Der Einsatz der US-Kräfte endet noch im August und die Mehrheit der US-Basen ist bereits an die afghanische Armee übergeben.

Innerhalb von drei Tagen fielen vier Provinzhauptstädte im Norden Afghanistans weitgehend kampflos an die Taliban. Aus den besetzten Gebieten wird von Plünderungen von Schulen und öffentlichen Gebäuden berichtet. In Kabul kam es zu Angriffen auf Politiker und afghanisches Sicherheitspersonal. Am Freitag wurde Regierungssprecher Dawa Khan Menapal nach dem Besuch einer Moschee getötet. Am Samstag starb ein Pilot der afghanischen Luftwaffe bei einem Anschlag.

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»Nein, der Einsatz in Afghanistan war kein Erfolg!«, kommentierte via Twitter der Vorsitzende der Linksfraktion, Dietmar Bartsch. »Zehntausende zivile Opfer, 59 tote Bundeswehrsoldaten, 13 Milliarden Kosten, ein kopfloser Abzug und nun stürmen die Taliban fünf Wochen nach dem Bundeswehrabzug Kundus. Mehr als bitter.« Das »Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte« mahnte die Aufnahmebereitschaft der Bundesregierung an, die immer noch zögerlich ist. Insgesamt seien 2000 Visa-Prozesse noch nicht begonnen worden und es gebe einen Bedarf von weiteren rund 4000 Verfahren in Kreisen der ehemaligen Helfer*innen.

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