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+++ WHO Europa: Langsame Impfkampagnen ziehen Pandemie in die Länge +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Karfreitag, 02. April 2021: +++ Hausärzte beginnen nach Ostern mit Corona-Impfungen +++ RKI registriert 21 888 Corona-Neuinfektionen +++

  • Lesedauer: 5 Min.

Kopenhagen. Das Europa-Büro der Weltgesundheitsorganisation WHO moniert, dass die schleppenden Impfkampagnen die Corona-Pandemie in die Länge ziehen. Die Bereitstellung der Impfstoffe sei »inakzeptabel langsam«, teilte WHO-Regionaldirektor Hans Kluge in Kopenhagen mit. »Lassen Sie es mich klar ausdrücken: Wir müssen den Prozess beschleunigen, indem wir die Produktion hochfahren, die Hindernisse für die Verabreichung der Impfstoffe verringern und jetzt jedes einzelne Fläschchen gebrauchen, das wir auf Lager haben.« Solange der Umfang der Impfungen gering bleibe, müssten dieselben sozialen und gesundheitlichen Corona-Maßnahmen wie in der Vergangenheit Anwendung finden, um die Verspätungen der Impfpläne auszugleichen. Impfungen zusammen mit fortgesetzten Maßnahmen würden die Pandemie letztlich zu einem Ende bringen.

Die WHO Europa rechnet insgesamt mehr als 50 Länder zur europäischen Region. In diesem Gebiet haben nach WHO-Angaben bislang nur rund 10 Prozent der Gesamtbevölkerung ihre erste Impfdosis erhalten, lediglich 4 Prozent sind vollständig geimpft. Eine Beschleunigung beim Impfen sei nun entscheidend. Die Zahl der Neuinfektionen in der europäischen WHO-Region nehme in jeder Altersgruppe mit Ausnahme der Über-80-Jährigen zu, erklärte Kluges Büro. Mit insgesamt 1,6 Millionen neuen Fällen und fast 24 000 damit in Verbindung stehenden Todesfällen habe man in der vergangenen Woche wieder in der Mehrheit der Länder eine Zunahme der Ansteckungen erlebt. Die Situation sei so besorgniserregend wie seit mehreren Monaten nicht mehr.

+++ Saarland startet nach Ostern mit Corona-Modellversuch +++

Saarbrücken. Das Saarland startet am Dienstag mit seinem Corona-Modellversuch, dem sogenannten Saarland-Modell. Der Ministerrat habe die entsprechende Verordnung am Donnerstagabend beschlossen, teilte die Landesregierung am Freitag mit. Bei Vorlage eines negativen Tests, mit Kontaktnachverfolgung und unter bestimmten Hygienevorkehrungen sollen so weitere Bereiche wieder geöffnet werden. Restaurants und Cafés sollen laut Mitteilung ihren Außenbereich wieder öffnen können, wenn die Gäste vorher reservieren und die Kontakte nachverfolgt werden können. Zudem dürfen sich draußen wieder bis zu zehn Menschen treffen, wenn alle einen negativen Test vorlegen können. Veranstaltungen müssen vorher bei der Polizei angemeldet werden, zudem müssen die Kontaktdaten der Gäste angegeben werden.

Mit Kontaktnachverfolgung und negativem Test dürfen Kinos, Theater und Konzerthäuser wieder öffnen. Kontaktsportarten sind dann draußen mit negativem Test ebenfalls wieder möglich, Sportarten ohne Körperkontakt auch in der Halle. Die Tests dürfen dabei nicht älter als 24 Stunden sein, das Ergebnis muss von der Teststelle bescheinigt werden. Alternativ könnten Selbsttests auch vor Ort unter Aufsicht gemacht werden, hieß es. Kinder unter sechs Jahren seien von der Testpflicht ausgenommen. Kinder und Jugendliche, die ab dem 19. April an weiterführenden Schulen in den Präsenzunterricht zurückkehren, müssen sich ebenfalls zweimal die Woche testen lassen. Wer sich nicht testen lasse, werde »ein Lernangebot für zu Hause bekommen«, teilte die Staatskanzlei mit.

+++ Gewerkschaft kritisiert geringe Aussicht auf schnelle Impfung +++

Berlin. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) sieht durch die Altersbeschränkung beim Corona-Impfstoff von Astrazeneca die Chancen vieler Lehrkräfte auf eine schnelle Impfung schwinden. »Mit dem Wegfall des Impfstoffs Astrazeneca ist die Öffnungsstrategie ins Wanken geraten«, sagte VBE-Chef Udo Beckmann den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Freitag. »Die sich abzeichnende Perspektive, dass vielerorts den Lehrkräften ein Impfangebot gemacht werden kann, entpuppt sich damit als Fata Morgana.« Das Astrazeneca-Produkt wird in Deutschland in der Regel nur noch für Menschen über 60 verwendet. Hintergrund sind Fälle von Hirnvenen-Thrombosen in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung, die vor allem bei jüngeren Frauen auftraten.

Zur Lage an den Schulen insgesamt sagte Gewerkschaftschef Beckmann: »Mit großer Sorge sehen wir, dass die Neuinfektionszahlen bei Kindern im Grundschulalter in der Woche vor den Osterferien weiter rapide angestiegen sind.« Es sei außerdem »unverantwortlich, dass immer mehr Bundesländer verlautbaren, Schulen inzidenzunabhängig offenhalten zu wollen«, sagte Beckmann. »Das halten wir für völlig inakzeptabel, die Gesundheit der Beschäftigten und Schülerinnen und Schülern so aufs Spiel zu setzen.«

+++ Hausärzte beginnen nach Ostern mit Corona-Impfungen +++

Berlin. Nach Ostern starten die Corona-Impfungen bei Hausärzten - allerdings zunächst in geringem Umfang. In den nächsten beiden Wochen sollen jeweils knapp eine Million Impfdosen an die Praxen geliefert werden, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ankündigte. Er dämpfte deshalb die Erwartungen: »Es ist noch kein großer Schritt, aber ein wichtiger.« Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ließ sich mit dem Impfstoff von Astrazeneca impfen und rief die Bürgerinnen und Bürger auf, seinem Beispiel zu folgen.

Die 35.000 Hausarztpraxen hatten laut Spahn 1,4 Millionen Impfdosen bestellt. Kommende Woche werden demnach 940.000 Dosen geliefert. Ende April erwartet der Gesundheitsminister dann schon drei Millionen Dosen pro Woche. Dann werde die Impfkampagne deutlich Fahrt aufnehmen.

Es würden Strukturen etabliert, »die uns perspektivisch helfen, schneller und mehr zu impfen«, sagte Spahn. Zunächst werden nach Angaben des Ministers nur die Hausärzte in die Impfkampagne einbezogen, später sollen auch Fachärzte und Privatärzte dazukommen. In den kommenden zwei Wochen sollen die Praxen zunächst den Impfstoff von Biontech bekommen, danach auch das Vakzin von Astrazeneca und noch eine Woche später zusätzlich den Impfstoff von Johnson & Johnson. Das Vakzin von Moderna soll vorerst ausschließlich in den Impfzentren verimpft werden.

+++ RKI registriert 21 888 Corona-Neuinfektionen +++

Berlin. Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 21 888 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 232 neue Todesfälle verzeichnet. Das geht aus Zahlen des RKI vom Freitag hervor. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 21 573 Neuinfektionen und 183 neue Todesfälle verzeichnet. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Freitagmorgen bundesweit bei 134,0 - und damit etwa so hoch wie am Vortag (134,2).

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Donnerstagabend bei 0,99 (Vortag: 0,97). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 99 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. Agenturen/nd

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