Gleiche Stelle, gleiche Welle
RB Leipzig übt die falsche Kritik zum Spiel gegen Liverpool in Budapest, meint Alexander Ludewig
Friedrich Luft war jahrzehntelang die Stimme der Kritik. Seine gleichnamige Radiosendung beendete der Theaterkritiker stets mit denselben Worten. In Anlehnung daran heißt an diesem Mittwoch in der Champions League: Wir spielen wieder. Wie immer - gleiche Zeit, gleiche Stelle, gleiche Welle. Wie schon im Achtelfinalhinspiel treffen RB Leipzig und der FC Liverpool auch im Rückspiel in Budapest aufeinander. Vor drei Wochen waren die Leipziger Gastgeber in der ungarischen Hauptstadt, weil die Fußballer des englischen Meisters aufgrund der Einreisebeschränkungen für Menschen aus Ländern mit einem erhöhten Auftreten von Mutationen des Coronavirus nicht nach Deutschland kommen durften. Das Heimrecht im Rückspiel gehört dem FC Liverpool - wiederum in Budapest, weil die RasenBallsportler im Falle einer Reise nach England bei der Rückkehr eine zweiwöchige Quarantäne erwartet hätte.
An den Stimmen der Kritik stört sich der Profifußball schon lange nicht mehr. Krise hin, Krise her - es wird gespielt, wie immer. Dabei reisen Mannschaften in Zeiten verordneter gesellschaftlicher Zurückhaltung wie selbstverständlich quer durch Europa. Im harten Takt des Spielplans sind eben keine Pausen vorgesehen. Exklusive Freiheit kostet, aber Geld spielt keine Rolle: Ohne zu murren, bezahlt RB Leipzig mehr als 1,5 Millionen Euro Strafe, um heute in Budapest spielen zu können. Im Regelwerk der Uefa ist für die Champions League nämlich festgeschrieben, dass zehn Prozent der Antrittsgage fällig werden, wenn ein Spiel am Heimatort eines Vereins möglich wäre, aber dennoch an einem Ausweichort angepfiffen wird. Die Einreise nach England ist möglich, von der Quarantäne kauft sich RB einfach frei. »Dies war uns bewusst und ist zu akzeptieren«, kommentierte Leipzigs Kaufmännischer Leiter Sport, Florian Scholz, kurz und trocken.
Alles lässt sich der Profifußball dann aber auch nicht bieten. Und so machte sich bei RB Unmut breit, weil die Borussia aus Mönchengladbach nach ihrem Achtelfinalrückspiel in der kommenden Woche bei Manchester City nicht in Quarantäne muss. »Ich bin schon etwas verwundert, dass das in Nordrhein-Westfalen möglich ist. Das habe ich auch gegenüber der Politik und unserem Ministerpräsidenten zum Ausdruck gebracht«, sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff - und reitet dabei noch auf einer Empörungswelle, mit der vor allem polemische Scharfmacher die gerade sehr komplizierte gesamtgesellschaftliche Gemengelage bewusst anheizen. »So geht es wohl gerade vielen Menschen in Deutschland: In einem Gebiet gelten für die Bürger andere Coronaregeln als in einem anderen.«
Und ja, wenn es ein Witz wäre, dann ein richtig schlechter: Der Profifußball beklagt Ungleichbehandlung.
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