Unbeaufsichtigte Kinder mit Folgen
haftung der eltern
In dem verhandelten Fall ging es um ein knapp dreijähriges Kind, das bei einem Reitturnier unbeaufsichtigt in einen Pferdeanhänger geklettert war und von einem Pferdehuf am Kopf getroffen wurde. Für die Folgen wollten die Eltern die Eigentümerin des Pferdes und den Veranstalter haftbar machen.
Doch wie der BGH (Az. VI ZR 210/18 u.a.) am 19. Januar 2021 entschied, müssen allein die Eltern für die finanziellen Folgen aufkommen. Weder die Eigentümerin des Pferdes, die den Hänger abgestellt hatte, noch der Veranstalter des Turniers hätten mit so etwas rechnen müssen. Die zwei Urteile aus dem Januar wurden erst am 11. Februar mit der schriftlichen Begründung veröffentlicht.
Der Unfall war im Juni 2011 beim Pfingstturnier Weisweil in der Region Freiburg passiert. Die Eltern hatten mit Verwandten und Bekannten an einem Biertisch zusammengesessen. Währenddessen hatte sich ihr Kind zusammen mit einem anderen, etwa vierjährigen Kind dem ordnungsgemäß abgestellten Hänger mit zwei Pferden genähert. Dieser stand hinten offen, weil es an dem Tag sehr heiß war. Wie schwer das Kind verletzt wurde, geht aus den Entscheidungen nicht hervor.
Das Landgericht Freiburg und das Oberlandesgericht Karlsruhe hatten die Pferdebesitzerin und ihre Haftpflichtversicherung an den Folgekosten beteiligen wollen. Diese wiederum hatten auch den örtlichen Reitverein als Veranstalter verklagt. Die Richter in den Vorinstanzen hatten argumentiert, dass Pferde erfahrungsgemäß starke Anziehungskraft auf Kinder ausüben. Wegen der geöffneten Rampen hätte daher ein Aufpasser die auf einer Wiese geparkten Anhänger im Blick behalten müssen. Auch die Eigentümerin des Pferdes, die den Hänger abgestellt hatte, hätte sich nicht einfach so entfernen dürfen.
Das sah der Bundesgerichtshof anders: Ein Kleinkind hätte in der Situation »so beaufsichtigt werden müssen, dass es jedenfalls nicht aus dem Blick gelassen wird und gegebenenfalls sofort an die Hand genommen werden kann«. Auch Eltern älterer Kinder »ohne ausreichendes Gefahren- und Verantwortungsbewusstsein« wären zum Aufpassen verpflichtet gewesen. Denn die Gefahren seien »für die Besucher des Reitturniers offensichtlich« gewesen. Der Reitverein und die Pferdebesitzerin durften sich laut BGH darauf verlassen und mussten keine Vorkehrungen treffen. dpa/nd
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