Einfach mal aufgeben

Stephan Fischer über die Kapitulation vor der Pandemie

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 2 Min.

Dass das aktuelle Lockdown-Geschehen mindestens bis Ostern anhalten würde, prognostizierten einige Beobachter bereits zu Beginn des mittlerweile als bleierne Zeit empfundenen Pandemiewinters samt »Lockdown light«. Und nicht zuerst dieser zeigte die Grundprobleme des politischen Umgangs mit der Corona-Pandemie wieder gnadenlos auf. Der Verdacht lag nahe, dass es einigen nur darum ging, irgendwie ins Frühjahr zu kommen - Prinzip Hoffnung. Nun muss man wohl konstatieren: Bis Ostern schleppen wir uns jetzt auch noch weiter. Die politischen Akteure tun so, als könnten sie sich noch auf ein allgemeinverbindliches Konzept einigen, während die Bürger so tun, als hätten beispielsweise die sogenannten Lockerungen noch irgendwelchen Einfluss auf ihren Alltag: »Künftig sind Zusammenkünfte des eigenen Haushalts mit einem weiteren Haushalt wieder möglich, beschränkt auf maximal fünf Personen plus Kinder bis 14 Jahre.« Was gilt gerade in Ihrem Bundesland und an Ihrem Ort genau?

Natürlich muss man gegen die Pandemie vorgehen - am besten geht das immer noch durch Befolgen der AHA-Regeln. Das liegt in der Verantwortung der einzelnen Bürger. Die sich in den allermeisten Fällen daran halten. In so gut wie allen Bereichen, in denen Politik und staatliches Handeln gefordert waren, sind eklatante Versäumnisse und Fehler zu konstatieren. Vom Hin und Her bei den Masken, der Ausstattung der Gesundheitsämter über das Totalversagen bei den Schulen bis hin zu den Irrwegen bei Impfungen und Schnelltests. Vielleicht geht das nicht anders - weil man am Ende niemanden hilft, wenn man es zu vielen recht machen möchte. Vielleicht ist es auch die unvermeidliche Konsequenz einer Melange aus organisierter Verantwortungslosigkeit bei gleichzeitiger Postensicherung im permanenten Wahlkampf sowie den Ergebnissen einer Austeritätspolitik gegen die eigene Verwaltung (»Schwarze Null«) samt ständigen Selbstbetruges, »bisher gut durch die Pandemie gekommen« zu sein.

Und vielleicht ist es am Ende auch folgerichtig, wenn so eine Politik und so ein Staat in bestimmten Bereichen (nicht allen) dann aufgibt. Auch wenn das natürlich nie so formuliert würde. Aber wenn eine Taskforce zu Schnelltests in die (Mit-)Verantwortung von Andi Scheuer gelegt wird und allen Ernstes eine Not(!)bremse so funktionieren soll: »Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohnerinnen und Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen im Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauffolgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.« - dann ist das nichts anderes als eine Kapitulation. Nur leider nach dem Prinzip »Lasst alle Hoffnung fahren«.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -