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»Corona-Helden« bleiben beim Einkommen abgehängt
Studie: Unteren Einkommensgruppen drohen bis 2025 reale Einkommensverluste - auch in Pflegeheimen und Supermärkten
Gütersloh. Die für die Gesellschaft wichtigen Beschäftigten wie Pfleger oder Supermarktkassiererinnen werden bei der Einkommensentwicklung in den kommenden Jahren einer Studie zufolge das Nachsehen haben. Im Gesundheits- und Sozialwesen werden im Jahr 2025 die Bruttojahresverdienste rund 4400 Euro unter dem Durchschnittseinkommen liegen, im Einzelhandel sogar um 10.200 Euro niedriger, wie die Prognos AG im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hochrechnete. Den unteren Lohngruppen drohen demnach sogar reale Einkommensverluste.
Das Lohnwachstum in den Branchen hängt mit dem jeweiligen Produktivitätswachstum zusammen, erläuterte die Bertelsmann Stiftung: Beschäftigte mit Spezialwissen, in Branchen mit Tarifbindung und in kapitalintensiven Sektoren profitieren am stärksten. In den arbeitsintensiven Branchen des Gesundheitswesens oder des Einzelhandels dagegen werde das Wachstum der Arbeitsproduktivität bis 2025 nur etwa halb so hoch ausfallen wie im Verarbeitenden Gewerbe und der Chemie- und Elektroindustrie. Entsprechend geringer sei der Spielraum für Lohnerhöhungen.
Geringe Lohnzuwächse aber »frisst die Inflation auf«, erklärte Torben Stühmeier, Studienleiter bei der Bertelsmann Stiftung. Bis 2025 wird das verfügbare reale Einkommen der unteren Einkommensgruppen demnach um etwa zwei Prozent zurückgehen, lautet die Prognose.
Die Bertelsmann Stiftung fordert daher, Produktivitätssteigerungen auch in den arbeitsintensiven Branchen »auf die Agenda zu rücken«. Die Digitalisierung von Abläufen und Dokumentationen etwa biete noch »reichlich produktivitätssteigerndes Potenzial«. Hiervon werden am Ende auch die Erwerbstätigen profitieren, so die Studie.
Der für den öffentlichen Dienst tariflich vereinbarte einmalige Corona-Bonus dagegen ändere an der Gesamtsituation nichts, erklärte Stühmeier. »Es lässt sich voraussagen, dass das Coronavirus bestehende Ungleichgewichte eher noch verschärfen dürfte.«
Denn besonders hart getroffen habe die Pandemie das Gastgewerbe und viele private Dienstleistungen. Hier arbeiten rund elf Prozent aller Beschäftigten, darunter überdurchschnittlich viele Frauen und Alleinerziehende. Die Branchen bezahlen im Vergleich niedrige Löhne und angesichts der wirtschaftlichen Situation dürfte in den nächsten Jahren wenig Luft für deutliche Lohnsteigerungen vorhanden sein. AFP/nd
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