Zwischenlösung
Sie stammt aus Ostdeutschland. Das spricht für Dagmar Ziegler. Sie soll das Amt des verstorbenen Bundestagsvizepräsidenten Thomas Oppermann (SPD) erben. Die SPD-Fraktion nominierte die 60-Jährige am Dienstag im zweiten Wahlgang ohne Gegenstimme. Im ersten Wahlgang gab es ein Patt von 66 zu 66 Stimmen zwischen ihr und der früheren Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Für Schmidt hatte gesprochen, dass sie schon einmal Bundestagsvizepräsidentin gewesen ist. Doch die 71-Jährige zog ihre Bewerbung vor dem zweiten Wahlgang zurück.
Mit Ulla Schmidt hätte eine linke Sozialdemokratin den Posten bekommen, sagt der Abgeordnete Norbert Müller (Linke). Ziegler bewegt sich innerparteilich auf dem rechten Flügel. Sie wird dem Seeheimer Kreis zugerechnet. Bis 1990 arbeitete sie als Ökonomin der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) Lenzen in der Prignitz. Von 1994 bis 2009 saß sie als Abgeordnete im brandenburgischen Landtag, war zusätzlich in den Jahren 2000 bis 2004 eine passable Finanzministerin Brandenburgs, danach eine nicht besonders überzeugende Sozialministerin.
Schließlich wurde sie in den Bundestag weggelobt. Ob das geschah, um den Weg für eine rot-rote Koalition frei zu machen, lässt sich nicht eindeutig sagen. Jedenfalls gehörte sie nicht zu den Freunden des 2009 begonnenen rot-roten Experiments und riet dem Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) gleich bei der ersten Gelegenheit 2010, die Koalition zu beenden - als sich zeigte, dass es in der Linksfraktion mehr Stasi-Fälle gab als gedacht. Platzeck ließ sich aber nicht beeinflussen. Rot-Rot regierte noch bis 2019.
An diesem Donnerstag soll Ziegler im Parlament zur Vizepräsidentin gekürt werden. Lange wird die Frau, die als Politikerin eher blass blieb, das Amt nicht innehaben. In weniger als einem Jahr ist Bundestagswahl - und sie will nicht wieder antreten.
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